Spanien auf meinem Teller

Spanische Fleischbällchen

Vor mehr als 20 Jahren betrat ich mit einem Bekannten in Torrevieja in Spanien zum ersten Mal eine Tapas-Bar. Das Eckhaus in dem sie sich befand lag an einer befahrenen Straße so dass der aufgewirbelte Staub vor dem Eingang in der Luft flimmerte und das dämmrige Licht das aus der Bar drang uns ein wenig Mut vor dem Betreten abverlangte. Die Bar war gut besucht und an einer großen Theke saßen fast ausschließlich ältere Männer die rauchend und biertrinkend Schinken, Käse und Oliven zur lautstarken Unterhaltung aßen.

Sah man zwischen ihnen hindurch erkannte man metallene Behälter in denen sich Fleischklößchen, Sardellen, Garnelen, Muscheln, Kartoffelwürfel und jede Menge andere lecker aussende Produkte befanden. Zu ihren Füßen war der Boden bedeckt mit Erdnuss-Schalen und ausgetretenen Zigarettenstummeln und irgendwie erinnerte mich die Bar an die Kulisse eines historischen Road-Movies.

Pimientos

Spanisch mit den Fingern lernen

Wir suchten uns einen freien Platz an einem der Tische und kurz darauf kam auch schon ein Kellner der uns in der Landessprache begrüßte. Auf unsere Nachfrage ob eine Verständigung in Deutsch oder Englisch möglich wäre hob er nur freundlich die Schultern. Wir bestellten zwei Cervezas, denn was Bier auf Spanisch heisst hatten wir bereits am ersten Tag unseres Urlaubs gelernt und begannen die Kreidetafel zu studieren auf der die Gerichte aufgeführt waren.

Als der Kellner mit unserem Bier kam und in unsere ratlosen Gesichter blickte nahm er uns mit zur Theke und wir deuteten mit den Fingern auf die Produkte die wir essen wollten. Wenige Minuten später saßen wir an einem reichlich gedeckten Tisch und genossen die kleinen Appetithäppchen mit den Fingern und einem Zahnstocher. Und weil ich von dieser Art zu essen bis heute total begeistert bin, habe ich diese Geschichte im Laufe der Jahre so oft erzählt dass ich die ganze Szenerie vor mir sehe als wäre es gestern erst gewesen.

Rioja

Vor ein paar Tagen hatte ich mich mit einer Bekannten in Würzburg im Restaurant Mera Tapas getroffen und natürlich musste ich meine Tapas-Geschichte wieder zum Besten geben. Sie konnte meine Begeisterung teilen und erzählte mir von ihrem Kurzurlaub vor einem halben Jahr in Porto wo auch sie in den Portweinkellern von Gaia der kulinarischen Vielfalt der kleinen Häppchen erlag.

Viele kleine Köstlichkeiten

Ich bestellte mir ein Estrella Galicia, ein klassisches spanisches Bier und sie einen Rioja, den wohl bekanntesten Rotwein Spaniens. Bei der Auswahl der Tapas entschieden wir uns für Tortilla de patatas, einem Omelett aus Eiern mit Kartoffeln und Zwiebeln, in meiner Variante noch mit Chorizo einer spanischen Wurst. Dazu ergänzten wir Albondigas, die sehr leckeren Fleischlößchen, Olivas, die Kartoffelecken Patatas bravas und Patatas allioli und die gebratenen Paprikaschoten genannt Pimientos.

Patatas

Gerne hätte ich noch ein paar weitere Tapas geordert, konnte mich aber dann doch zurückhalten da ich aus Erfahrung wusste dass man sich bei den vielen kleinen Köstlichkeiten gerne einmal in der Menge vertut. Als die Tapas serviert wurden bekamen wir noch spanisches Weißbrot dazu, das ich gerne nutze um die Saucenreste vom Teller aufzunehmen.

Während wir unsere Tapas mit den Fingern, einer Gabel und einem Zahnstocher genossen erinnerte ich mich an eine Geburtstagsfeier zu der ich vor einigen Jahren in der Würzburger Innenstadt eingeladen war und die unter dem Motto Spanischer Abend stand.

Die im Landhausstil eingerichtete Wohnung hatte eine große Essküche mit einem Tisch an dem alle geladenen Gäste Platz fanden. Jeder Gast brachte eine Kleinigkeit mit und ich hatte mich nach vorherige Absprache mit der Gastgeberin für den Wein entschieden. Meine Anlaufstelle hierfür war die Bodega Nikola in der Semmelstraße. Ein weiterer Gast brachte original spanisches Bier mit. Wo er es herbekommen hatte wusste ich leider nicht mehr, aber heute würde ich hierfür in die Bierothek in der Theaterstraße gehen.

Ich kam noch einmal auf die Urlaubserzählung aus Porto zurück und fragte meine Bekannte welche Tapas ihr in Erinnerung geblieben sind. Sie erzählte mir von einer sehr schmackhaften Tomaten-Gazpacho, einem kalten Süppchen das an heißen Tagen sehr erfrischend und bekömmlich ist. Neben den Oliven und Pimientos erinnerte sie sich noch an die gedämpften Artischocken zu denen ein Zitronen-Knoblauch-Dip gereicht wurde. Und zum Kartoffel-Tortilla gab es mediterranes Ofengemüse.

Irgendwie hatte ich das Gefühl dass das Sprechen über Tapas fast so viel Vergnügen bereitet wie das Essen selbst und so erzählte ich von den frittierten Shrimps, den Datteln im Speckmantel und einer Vorspeisen-Platte bestehend aus Chorizo, Manchego, Champignons und Meeresfrüchten die an besagtem Abend mitgebracht wurden.

Oliven

Meine Bekannte bekam Lust so einen „Spanischen Abend“ selbst auszurichten und als wir überlegten wo es original Spanische Zutaten in bester Qualität gibt, viel mir die Marktlücke mit täglich frisch produzierten mediterranen Köstlichkeiten am Unteren Marktplatz ein und der Gaumenfreund im ehemaligen „Cafe Nikolausruhe“ mit Spezialitäten aus Spanien und Portugal.

Für ein richtiges Barcelona-Feeling reicht das aber noch nicht wirklich. Und da wir beide sehr musikinteressierte Menschen sind, vielen uns auch sofort die richtigen Künster hierfür ein. Meine Bekannte schlug eine CD der in Würzburg lebenden Gitarristin, Sängerin und Flamencotänzerin Barbara Puppa vor die gemeinsam mit dem Gitarristen Erik Weisenberger als Duo Agua y Vino einen Tonträger veröffentlichte auf dem die Vielfältigkeit der spanisch sprachigen Musik zu hören ist, was für mich schon nach perfekter Tapas-Bar Musik klang.

Tortilla

Witzig wurde es als ich vom Duo Tedesco erzählte, zwei Gitarristinnen die ebenfalls eine CD mit spanischer Musik aufgenommen haben und erfahren durfte dass die musikalische Partnerin von Gitarristin Barbara Hölzer jene Barbara Puppa Hennerfeind ist von der mir meine Bekannte eben erzählte.

Dafür hatte ich dann aber noch einen ganz besonderen Tip für die perfekten und individuell gestalteten Tapas-Schälchen: in der offenen Werkstatt im Kreativraum Tonart gibt es die Möglichkeit diese spontan und ohne Voranmeldung selbst herzustellen. Meine Bekannte war begeistert! Und weil das bis zur Umsetzung aller Pläne bestimmt noch ein Weilchen dauern wird, werden wir wohl das Tapas-Feeling in Joe’s Tapasbar bei nächster Gelegenheit neu aufleben lassen.