Im Interview: Patrick Fischer von „Wanderspirit“

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Wenn mich an verregneten Abenden die Reiselust packt, dann überlege ich mir ein Reiseziel und suche nach einem Reiseblog oder Instagram-Account mit interessanten Beiträgen und tollen Fotos zu meinem gewählten Reiseziel und mein digitaler Urlaub kann beginnen!

Vor ein paar Wochen hatte ich mir den Schwarzwald ausgesucht. Auslöser waren die Fotos von meinem Wanderwochenende in Neustadt-Titisee mit zwei herrlichen Touren am Feldberg und am Schluchsee. Ich bekam Lust auf noch mehr Schwarzwald und so habe ich Patrick Fischer und seinen Freizeitblog wanderspirit gefunden.

Und weil Patrick nicht nur wandert, sondern Trekking seine große Leidenschaft ist, wollte ich mehr darüber erfahren und habe mich zum Interview mit ihm verabredet:

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Hallo Patrick! Schön, dass du Zeit für mich hast! Wie geht´s dir? Und wie war dein Wochenende?

Patrick: Hallo Gerald! Danke, mir geht es sehr gut. Das Wochenende war ziemlich verregnet und so habe ich die Zeit genutzt, um zu schreiben und die nächsten Touren vorzubereiten.

Beim Lesen deiner Beiträge ist mir aufgefallen, dass deine Grundmotivation eigentlich gar nicht ein bestimmtes Reiseziel ist, sondern das Gehen und das Bewegen in der Natur an sich. War das schon immer so, oder gab es dazu ein Schlüsselerlebnis?

Patrick: Das ist tatsächlich schon immer so. Aufgewachsen bin ich auf dem Land, wo ich mit meinen Freunden fast täglich durch den Wald gezogen bin oder mit den Fahrrädern die Gegend erkundet habe. Und so zieht es mich immer noch raus in die Natur. Ein Tag ohne Bewegung an der frischen Luft ist für mich unvorstellbar.

Mit dem Fahrrad vom Bodensee in die Türkei

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Trekking, so habe ich gelesen, steht für mehrtägige Wanderungen unter Verzicht auf feste Unterkünfte. Übernachtet wird zumeist im Zelt und die Touren liegen teilweise abseits der Infrastruktur wie Straßen oder Wege. Wie bist du dazu gekommen? Und wie wählst du deine Schlafplätze aus?

Patrick: Angefangen hat alles 2013. Mit drei Freunden bin ich mit dem Fahrrad vom Bodensee in die Türkei gefahren. Während der drei Monate haben wir meistens draußen im Zelt oder einfach nur im Schlafsack übernachtet.

Es war in den ersten Nächten noch sehr ungewohnt, einfach irgendwo unser Lager aufzubauen. Anfangs wollten wir vor allem so gut wie möglich versteckt sein, damit uns niemand findet. Doch irgendwann entwickelt man ein Gefühl dafür, wo man ohne Probleme das Zelt aufschlagen kann. Das ging auch bisher immer gut.

Eine wichtige Grundregel: Naturschutzgebiete sollen respektiert werden. Darin bitte nicht übernachten.

Eine Wanderung in den Schweizer Alpen

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Einen Beitrag, bei dem ich sehr schmunzeln musste, handelt von deinen Anfängerfehlern beim Trekking. Was war die bisher gefährlichste Situation in die du geraten bist?

Patrick: Da fällt mir spontan eine Wanderung in den Schweizer Alpen vor einigen Jahren ein. Mit einem Freund wollte ich den Fronalpstock besteigen. Es war recht früh im Jahr und wir hatten kaum Erfahrung im alpinen Gelände.

Die gewählte Route stellte sich als extrem schwierig heraus und irgendwann wurde es so steil, dass wir nur noch auf allen Vieren voran kamen. Etwa 200 Höhenmeter vor dem Gipfel ging es nicht mehr weiter. Hier oben lag noch Schnee und ein falscher Schritt wäre fatal gewesen.

Als wir zurückblickten, wurde uns richtig unwohl. Wir fragten uns, wie wir da wieder runter kommen sollten. Und so saßen wir an einem Felsvorsprung, aßen kalte Linsensuppe, die ich mitgebracht hatte und fühlten uns gefangen an einem unbeschreiblich schönen Ort. Es war uns ein Rätsel, wie wir hier überhaupt hoch gekommen waren und bereuten unseren Leichtsinn.

Tatsächlich spielten wir mit dem Gedanken, Hilfe zu rufen. Nach dem Essen inspizierten wir die Umgebung und fanden ein zusammengerolltes, langes Drahtseil. Und zu unserer Freude war an einem Felsen sogar ein Haken befestigt. Damit schafften wir den Abstieg.

An diesem Tag wurde uns bewusst, wie gefährlich es werden kann, wenn man schwieriges Gelände unterschätzt!

Menschen die ernsthaft wandern sind naturbewusst

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Das Thema Nachhaltigkeit ist dir sehr wichtig und findet sich immer wieder in deinen Beiträgen, wie deinen Tipps über umweltbewusstes Wandern. Welche Erfahrungen machst du aktuell mit den Wanderern, die seit einem Jahr, Pandemie bedingt, die heimischen Wälder aus dem Dornröschenschlaf reissen?

Patrick: Im Schwarzwald haben wir den Vorteil, dass wir eine große Auswahl an Wanderwegen haben. Ich hatte im letzten Jahr nie das Gefühl, dass in den Wäldern zu viel los ist, da sich die Menge an Wanderern gut verteilt hat.

Schwierig hingegen wird es dann, wenn an Wochenenden Menschen hinzukommen, die mit dem Auto an einen beliebten Ort fahren, nur um ein Foto für Social Media zu erhaschen. Diese Hotspots leiden folglich.

Dann verlassen zu viele Leute die Wege und bei solch einer Menge verwundert es nicht, dass am Ende des Tages auch Müll liegen bleibt. Das ist nicht nur schädlich für die Natur, es wirft auch ein schlechtes Bild auf die Wandergemeinschaft.

Menschen, die ernsthaft wandern, sind oder werden meist naturbewusst und gehen entsprechend mit unserer Umwelt um. Daher freue ich mich über die „Bewegung“, die das Wandern aktuell erfährt.

110 Kilometer durch den Nordschwarzwald

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Du warst im Frühjahr eine Woche im Schwarzwald unterwegs und bist den Wanderweg „Murgleiter“ im Murgtal gelaufen, der von einem Wandermagazin für „Deutschlands schönsten Wanderweg 2021“ nominiert wurde? Warum glaubst du hat die Murgleiter Chancen zu gewinnen?

Patrick: Ich muss sagen, von solchen Auszeichnungen halte ich persönlich nicht viel. Ich hab das Gefühl, da wechseln sich einfach die bekannten Wege ab. Die Murgleiter hat mir besonders gut gefallen. Sie führt 110 Kilometer durch den Nordschwarzwald.

Die erste Hälfte besticht vor allem durch sagenhafte Ausblicke und die zweite Hälfte durch ursprüngliche Landschaften im Nationalpark Schwarzwald. Für den Weg ist eine gute körperliche Verfassung unerlässlich, denn es müssen über 4500 Höhenmeter zurückgelegt werden.

Da sich einige kleine Städte am Weg befinden und die Infrastruktur grundsätzlich sehr gut ist, eignet sich die Murgleiter auch für diejenigen, die zum ersten mal auf eine Trekking-Tour gehen. Besonders gefallen haben mir die zahlreichen Schutzhütten, in denen wir fast jede Nacht problemlos übernachten konnten.

Viele unvergessliche Erlebnisse

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Was mich sehr beeindruckt hat: du bist auf dem Europäischen Fernwanderweg „E1“ 2.000 Kilometer ohne Wanderapp und Navi durch Deutschland gewandert und hast dich nur einmal um schlappe 20 Kilometer verlaufen. Magst du die Geschichte dazu erzählen? Und hast du dein Smartphone tatsächlich nicht vermisst?

Patrick: Ich werde den Moment nie vergessen, als ich bemerkt habe, dass ich fast den ganzen Tag in die falsche Richtung gelaufen war. Da musste meine Mütze dran glauben, die ich vor lauter Wut auf den Boden schmiss. Natürlich war alles halb so wild und sogar Voraussetzung für all die schönen Dinge, die kurz darauf passiert sind.

Die Markierungen für den E1 werden von den hiesigen Wandervereinen organisiert. Leider zeigte die letzte Markierung eines Vereins in die falsche Richtung. Und noch ungünstiger war, dass der E1 ab dieser Stelle auf einem bestehenden Wanderweg verläuft, der hier etwa den Mittelpunkt hat und logischerweise in zwei Richtungen geht. Die E1 Markierung wurde also durch eine regionale Markierung abgelöst.

Und noch viel ungünstiger war es, dass bis zur nächsten Stadt Siegen nur ein kleines Dorf kurz davor kam. Und so lief ich ohne den geringsten Zweifel fröhlich weiter. Bis zu diesem besagten Dorf, wo ich eine Frau fragte, wie weit es nach Siegen sei. Ich rechnete mit 2-3 Kilometer. Sie antwortete 40. Inzwischen muss ich bei dieser Geschichte selbst schmunzeln.

Das Smartphone hätte mir in dieser und in vielen anderen Situationen das Leben sicherlich einfacher gemacht. Doch das hat die Reise nur noch spannender gemacht und viele unvergessliche Erlebnisse wären sonst nie entstanden. Mir hat die Pause von der digitalen Welt unglaublich gut getan und den Fokus wieder auf das Wesentliche gerückt.

Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen

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Möchtest du auf dem E1 auch einmal in anderen Ländern laufen?

Patrick: Auf jeden Fall! Die Frage ist eher, wo zuerst. Der E1 führt vom Nordkap bis nach Sizilien. So viele spannende Regionen also, die man auf eine so herrliche Art erkunden kann. Ich bin wirklich begeistert von der Idee und der Umsetzung der Europäischen Fernwanderwege. Es soll verschiedene Regionen und Länder miteinander verbinden.

Und nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen, sagte Goethe schon. Das kann ich absolut unterschreiben. Ich habe das Gefühl, dass ich mein eigenes Land erst jetzt so richtig kennengelernt habe.

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Du hast sehr interessante und hilfreiche Beiträge in denen du über Themen wie „Trinkwasser beim Wandern“, „Wandern mit Barfußschuhen“ oder deine Erfahrung mit Zecken schreibst. Wieviel davon ist angelesen und wieviel ist eigene Erfahrung und der Austausch mit anderen Wanderern?

Patrick: Eine gute Mischung würde ich sagen. Ich habe mich selbst vor meinen größeren Touren ausgiebig online informiert. Schließlich vieles ausprobiert und manches davon auch wieder verworfen.

Das Schöne ist, es gibt kein richtig oder falsch beim Trekking. Jeder muss für sich herausfinden, was funktioniert und was eben nicht. Und ich lerne noch immer dazu, sowohl aus eigenen Erfahrungen oder von anderen Wanderern.

Auf der Murgleiter war ich mit einer erfahrenen Wanderin unterwegs, von der ich mir so einiges abschauen konnte.

Hier kann man so einige Wochenenden verbringen

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Du lebst in Lörrach, dem Dreiländereck, das an Frankreich und die Schweiz angrenzt und somit Urlaub in Drei Kulturen ermöglicht. Wenn du für mich einen Wochenendurlaub in Lörrach planen müsstest, wie würde der aussehen?

Patrick: Die Region hab ich in den letzten Jahren wirklich zu schätzen gelernt. Du startest am Besten in Basel und erkundest die Stadt vom Wasser aus. Im Sommer ist die halbe Stadt im oder am Rhein unterwegs. Viele gehen mit einem sogenannten “Fischli” ins Wasser. Das ist ein wasserdichter Beutel, in dem man seine Sachen verstauen und sich darauf treiben lassen kann. Anschließend kannst du an der Promenade die Atmosphäre genießen und findest hier allerlei Köstlichkeiten an kleinen, liebevollen Ständen.

Natürlich wird an einem Wochenende im Dreiländereck auch gewandert. Der bekannte Westweg startet in Basel und führt über Lörrach in den Schwarzwald, bis nach Pforzheim. Da kommst du an wunderschönen Plätzen wie dem Tüllinger Berg vorbei, wo man eine traumhafte Aussicht auf Basel und Weil am Rhein hat.

Weiter geht der Westweg auf einem Panoramaweg, wo man sich Lörrach von oben anschauen kann. Anschließend gelangt man zur Burg Rötteln, die nicht nur spannende Steine, sondern auch eine schöne Umgebung zu bieten hat.

Und dann waren wir noch gar nicht Frankreich. Du merkst schon, hier kann man so einige Wochenenden verbringen, ohne dass es langweilig wird.

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Wie sieht deine Bucket-List für dieses Jahr aus? Was sind deine nächsten Ziele?

Patrick: Zwei Touren sind schon sehr konkret. Im Sommer soll es über die Schweizer Alpen gehen. Diesmal aber mit mehr Vorbereitung und Erfahrung. Und im September geht es nach Norwegen.Zwischen Oslo und Bergen liegt das Hardangervidda, die größte Hochebene Europas. Hier warten über 200 km völlige Einsamkeit auf mich und einen Freund, den ich auf der Wanderung durch Deutschland kennengelernt habe.

Ich bin schon sehr gespannt auf die beiden Wanderungen und werde auf jeden Fall davon berichten!

Vielen Dank Patrick, dass du dir die Zeit genommen hast, mir einen kleinen Einblick in deine Welt der „nachhaltigen Bewegung“ zu gewähren. Ich freue mich auf tolle Insta-Posts und Stories von deinen Trekking-Touren und natürlich auf interessante und unterhaltsame Beiträge mit hilfreichen Tipps und Tricks!