Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen
Lucius Annaeus Seneca
Neulich unterhielt ich mich mit einigen Bekannten bei einem gemütlichen Abendessen über das Thema „nicht schlafen können“. Ich stellte die Behauptung auf, es könnte daran liegen, dass es den meisten von uns oftmals nur langweilig ist und so entstand ein hitziges und witziges Gespräch über unsere freie Zeit – wieviel wir davon haben und wie sinnvoll wir sie nutzen. Aber vor allem stellten wir fest, dass wir früher kreativer und unternehmungslustiger waren. Und der Grund, warum das heute nicht mehr so ist, heißt angeblich: ZEIT.
Oder besser gesagt: keine Zeit. Denn im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass einige meiner Bekannten gerne wieder einmal etwas mit den Händen tun würden. Also körperlich arbeiten: schrauben, hämmern, sägen. Andere würden gerne kreativ arbeiten: malen, gestalten, formen. Das brachte mich auf die Idee mich einmal nach interessanten Locations umzusehen, um ihnen einige Anregungen für ihre Do-It-Yourself Phantasien zu liefern.
Entschleunigung durch malen
Vor ein paar Tagen waren wir im Restaurant Hubland verabredet. Nach dem Begrüßungs-Ouzo und dem gern zitierten: „Ich trink Ouzo, was machst du so!“ erzählte ich von meinem Abend in Hammelburg bei der Kunstnacht 2019. Christel Dräger, eine gute Bekannte, stellte dort zum ersten Mal ihre eigenen Bilder aus.
Ich zeigte ihnen einige der Werke auf meinem iPhone und weil meine Aufnahmen den Wunsch bei den Frauen weckte, selbst einmal zu malen, erzählte ich ihnen von Roswitha Vogtmann aus Erlabrunn. In ihren Kursen bringt sie den Teilnehmern die experimentelle Malerei mit Acrylfarben näher und bietet eine grundlegende Einführung in das Wesen der ostasiatischen Schriftkunst.
Entschleunigung durch Malen hielten alle eine gute Idee. Aber den Mut gleich eine eigene Ausstellung mit seinen Bildern zu machen, das hätte sich keiner aus der Runde getraut. Christel, die ich darauf angesprochen hatte hat mir folgenden schönen Satz dazu gesagt:
Manchmal muss man einfach nur seinen Gefühlen freien Lauf lassen und den Mut aufbringen seine Ergebnisse einem öffentlichen Publikum zu zeigen.
Um den ersten Frauenversteher-Scherzen zu entgehen wechselte ich das Thema. Da einige meiner Bekannten ebenfalls Musiker sind war das nicht besonders schwierig. Denn egal wann wir uns treffen, irgendwer hat immer ein neues Instrument, einen neuen Verstärker oder ein anderes technisches Gerät das gemeinsam besprochen werden muss.
Nach einer Weile kam ich dann aber wieder auf mein DIY-Thema und fragte die Jungs ob sie schon etwas von der Schreinerei Mr Timber in Iphofen gehört hätten. Es gibt dort neben einer offenen Werkstatt, um seine eigenen Projekte zu verwirklichen, etwas wirklich spannendes für Musiker: einen Cajon-Kurs bei dem man sein eigenes Instrument bauen kann!
Damit war er geweckt, der Heimwerker im Manne und ich erfuhr, dass einer meiner Bekannten sich bereits einmal daran versucht hat eine E-Gitarre selbst zu bauen und ein weiterer ist gerade dabei sich eine eigene Werkstatt einzurichten, weil er durch die YouTube Videos vom Kanal HolzWerken total angefixt ist.
Und weil wir gerade so entspannt übers Heimwerkeln und offene Werkstätten sprachen erfuhr ich, dass es in Würzburg auch eine offene Werkstatt für Fahrräder in der Büttnerstraße gibt in der man an sogenannten Workstands selbst an seinem Bike rumbasteln kann oder in Schrauber-Workshops lernt wie es geht. Feine Sache, wie ich finde!
Natürlich kommt man, wenn man über DIY spricht, an dem Thema Nähen und Basteln nicht vorbei. Und so erzählte ich von regelmäßigen Workshops bei Liten Lycka und Jac und dem Bastelladen Opitec an der Residenz der aktuell gerade einen Handletteringkurs und einem Origamikurs anbietet.
Auch wenn dieses Thema erstmal nur bei den Frauen anklang fand, wurden die Jungs dann doch hellhörig als ich vom Nähcafe Edeltraud erzählte: Open-Mic Veranstaltungen für Musiker! Und das bei einer Musik-Szene in Würzburg die für Singer/Songwriter kein echtes Eldorado ist….
Nachricht von Sam
Nachdem wir alle noch einmal Getränke nachgeordert hatten, habe ich in die Runde gefragt ob sich noch jemand an den Film Ghost – Nachricht von Sam und an die berühmte Töpferszene erinnert. Alle schauten mich mit diesem „Echt jetzt?“ Blick an und ich musste schnell erklären warum ich „so komisch“ gefragt hatte.
„Bei allen Aktivitäten über die wir gesprochen hatten waren die Interessen überwiegend nach Geschlechtern getrennt. Es gibt aber noch ganz tolle Kurse die für Paare und Familien interessant sind, wie zum Beispiel das Töpfern“. Und da war plötzlich allen klar warum ich nach diesem Film gefragt hatte und mir war völlig klar warum mich alle so interessiert ansahen.
Ich hatte verschiedene Vorschläge: Wer spontan und ohne Voranmeldung Lust auf Töpfern hat, der kann das in der offenen Werkstatt im TonArt tun. Und wer gerne einmal am Abend Töpfern möchte dem bietet die Keramikwerkstatt Tonhubel Kurse für Einsteiger und Fortgeschrittene. Und wer mal wieder mit der ganzen Familie etwas besonderes erleben möchte der bucht bei Nicole Schelbert ein Eltern-Kind-Töpfern.
Irgendwie hatte ich so das Gefühl das Töpfern so „das Ding“ für meine Bekannten war. Ob das tatsächlich mit den Erinnerungen an den Film zusammenhing?
Ein schöner Abend ging zu Ende und ich bin mir sicher dass wir alle gut geschlafen haben. Vielleicht lag es an dem leckeren Wein, dem guten Essen und der angenehmen und angeregten Unterhaltung. Vielleicht lag es aber auch daran dass ich bei einigen das Interesse geweckt hatte, wieder aktiv und kreativ sein zu wollen. So wie wir es früher einmal waren, noch bevor es Begriffe wie „Entschleunigung“ und „Work-Life-Balance“ gab. Und vielleicht hätte ich schon viel früher mal darüber nachdenken sollen… (Anfang verpasst?)