Bierwanderung in der Fränkischen Schweiz (Zweiter Tag)

Fränkische Schweiz

Ich war mir eigentlich ziemlich sicher, dass ich für unseren Wanderausflug in die Fränkische Schweiz gut vorbereitet war. Ich mache Pilates, spiele Volleyball und laufe regelmäßig mit meinen Nordic Walking Stöcken in der Natur. Woher also kamen die schweren Beine und das Ziehen in der Schulter das ich beim Aufstehen und auf dem Weg zum Frühstücksraum gespürt hatte?

Beim Frühstücken kamen wir mit einem Pärchen ins Gespräch das am Vortag auf ihrer Wandertour ebenfalls die „Heute geschlossen“ Erfahrung gemacht hatte. Wir nahmen es mit Humor und fanden es „in Ordnung“ dass die Gastronomen im Oktober, wenn nur noch wenige Wanderfreunde die Fränkische Schweiz besuchen zum Wochenanfang ihren Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen halten.

Um so erfreuter waren die Beiden als wir ihnen vom Trödelladen No.9 in Engelhardsberg erzählten, dessen Besitzer unter dem Motto „Altes & Neues“ kunterbunt zusammengetragenes Allerlei ausstellen und dazu frisch gebrühten Kaffee und selbst gebackenen Kuchen anbieten. Denn die Zwei wollten an diesem Tag unsere Warm-Up Tour im Aufsesstal zur Riesenburg, über den Adlerstein und dem Quakenschloß laufen.

Mit dem Shuttle-Service nach Aufseß

Bei uns stand Bierwandern in der Gemeinde Aufseß auf dem Programm. Die kleine Gemeinde hält mit vier Privatbrauereien einen Weltrekord und wir wollten sie alle kennenlernen. Da 4 Seidla einem Volumen von 2 Litern entsprechen und Aufseß 13 Kilometer von Muggendorf entfernt liegt, nahmen wir den Shuttle-Service unseres Hotels in Anspruch.

Wir wurden direkt nach dem Frühstück abgeholt und nach einer 15-minütigen Fahrt stiegen wir in Aufseß auf dem Wanderparkplatz an der Brauerei Rothenbach mit dem dazugehörigen Brauereigasthof aus dem Shuttle-Fahrzeug. Hier wollten wir nach erfolgreicher Bierwanderung unser letztes Seidla trinken und vereinbarten mit dem Fahren dass wir uns rechtzeitig bei ihm melden um wieder abgeholt zu werden.

Bei bewölktem Himmel und angenehm milder Temperatur starteten wir unsere Wander-App und gaben als erstes Ziel Sachsendorf ein. Nach wenigen Metern sahen wir auch schon das erste Holz-Schild mit der Aufschrift „Brauereienweg“.

Der gut ausgeschilderte Rundweg führte am Fluß Aufseß entlang durch ein Waldstück auf dessen Anhöhe wir die Schweizerhaushöhle entdeckten von der aus ein Weg zum Galeriefelsen führt. Wir warfen einen kurzen Blick in die Höhle und begannen beim weiterlaufen einen Kreativ-Talk indem wir unsere Fantasie nutzen um uns Geschichten auszudenken wofür die Höhle früher genutzt wurde und heute genutzt wird.

In Sachsendorf steuerten wir zielstrebig auf den Brauereigasthof Stadter zu. Und hier bekamen wir dann auch unser erstes Seidla Stadter-Bier, ein Landbier das noch im alten Braukessel mit offener Holzbefeuerung gebraut wird, wie uns die Wirtin erzählte. Wir kamen sofort mit ihr und einem Pärchen, das bereits seit vielen Jahren seinen Wanderurlaub in der Fränkischen Schweiz verbringt, ins Gespräch. Wichtigstes Thema: das leibliche Wohl!

Uns lief bereits beim Zuhören das Wasser im Mund zusammen als uns die Wirtin von den frischen Schäufele erzählte die sie gerade im Ofen zuzubereite und dass diese nur deshalb so zart sind weil sie regelmäßig mit einem dunklen Bier übergossen werden. Wir mussten leider weiter, da wir nach ausgiebigem Frühstück nur eine spätere Brotzeit geplant und ein Schäufele mit Kloß und Sauerkraut für den Abend als Belohnung nach unserer Wandertour vorgesehen hatten.

Am Ortsende führte der Brauereienweg nach rechts auf einen Flurweg. Die Sonne kam heraus und wir konnten unsere Jacken in unsere Rucksäcke verstauen. Die Sonnenstrahlen fühlten sich an wie das Berühren kleiner zarter Finger auf der Haut und ich musste an meinen Song Wie schön das ist denken.

Während wir zwischen den Äckern und Feldern auf ein Waldstück zuliefen, erinnerten wir uns an unseren Bootsurlaub in Irland. Eine Woche die Ruhe auf dem Shannon genießen. Entspannen, entschleunigen und Energie tanken. Uns wurde bewusst, dass solche Auszeiten immer wichtiger werden in einer Welt die immer stärker von einer Art „Sofortissmus“ beherrscht wird.

Irland

Auf zur Kathi

Nach 5 Kilometern hatten wir Hochstahl, unser nächstes Ziel, erreicht. Die Brauerei Reichold die rechter Hand an der Straße lag, begrüßte uns mit dem Hinweis „Wir haben Betriebsferien“. Wir standen wie versteinert vor dem Schild, als sich die Tür zu einem Lagerraum öffnete und ein Brauereimitarbeiter heraustrat.

Wir grüßten ihnen und erzählten ihm von unserer Vorfreude auf ein süffiges Brauereibier. Er lächelte und fragte was wir haben wollen. Es wäre genug Bier vorrätig und er würde uns auf Wunsch auch eines bringen. Wir entschieden uns für ein Zwickl, einem unfiltriertem Kellerbier, und wenige Minuten später standen wir mit Seidla Nummer 2 in der Sonne und ließen uns das Ergebnis vollendeter Braukunst schmecken.

Während wir unser Kellerbier genossen kam ein Wanderer vorbei der mich durch seine Erscheinung, langer Lodenmantel, schwere Stiefeln, Bart und Filzhut, an die Waldaufseher erinnerte, die Anfang des 19. Jahrhunderts durch die britischen Wälder streiften. Auch er stand wie versteinert und mit enttäuschtem Blick vor dem „Wir haben Betriebsferien“ Schild und auch ihm konnte geholfen werden.

Er entschied sich für ein Hefe-Weizen und wir erfuhren von ihm dass er aus dem Norden kam, bis Bayreuth mit dem Zug gefahren war um von da zu Fuß nach Bamberg zu laufen. Dort wollte er sich mit einem Freund treffen der seine Reise dorthin im Süden begonnen hatte.

Wir verabschiedeten uns von ihm und setzten unsere Wanderung Richtung Heckendorf fort. Nachdem wir von Hochstahl ein Stück auf der Landstraße liefen, führte der Weg über Wiesen und Felder bis wir nach einem kurzen Waldstück in Heckenhof ankamen.

Und da war sie, die Kathi, so wie wir sie von unserer Kajak-Tour auf der Wiesent, die ich vor ein paar Jahren organisierte, in Erinnerung hatten. Eine kleine Wirtschaft mit Biergarten. Eigentlich nichts besonderes. Und trotzdem legendär, denn jeder Motorradfahrer der in seinem Leben jemals durch die Fränkische Schweiz gefahren ist hat hier, im wohl bekanntesten Biker-Treff der Region, schon einmal ein Bier getrunken.

Zum draußen sitzen war es ein wenig zu windig und so gingen wir in die Wirtsstube. Dort saß bereits das Pärchen das wir in Sachsendorf im Brauereigasthof Stadter getroffen hatten. Wir setzten uns zu ihnen, bestellten zwei dunkle Landbiere und zwei Brotzeitteller und erzählten von unserer interessanten Begegnung mit dem Wanderer aus dem Norden.

Zehn Minuten später, wir bekamen gerade unsere Brotzeit gebracht, ging die Wirtshaustüre auf und der Mann mit dem Filzhut kam herein. Jetzt war unsere heutige Kennenlern-Gruppe vollständig und wir hatten viel zu erzählen und zu lachen.

Brauerei-Rothenbach

Auf dem Weg zurück nach Aufseß freuten wir uns bereits auf unser Abschluss-Seidla im Brauereigasthof Reichold. Wir steuerten direkt auf die Eingangstür zu und dann, wir konnten es erst gar nicht glauben, war da wieder dieses Schild „Heute Ruhetag“. Wir schauten uns mit großen Augen an. Zunächst noch leicht grinsend, konnten wir uns schon bald nicht mehr halten und fingen laut an zu lachen. Ein Drehbuch, für einen Film über diesen Tag, hätten wir nicht besser schreiben können.

Unsere Gedanken wurden vernebelt

Zurück in Muggendorf gingen wir erst einmal saunieren. Der Saunabereich war wieder gut besucht und wir tauschten uns beim Schwitzen mit den anwesenden Gästen angeregt über die absolvierten Wandertouren aus.

Leider muss ich beim Betreten von Schwitzhütten die Brille absetzen, so dass ich nicht erkennen konnte von wem wir die nützlichen Tipps und Informationen für unsere Tour in Pottenstein, die wir für den nächsten Tag geplant hatten, bekamen. Aber was der nette Herr uns erzählte, erzeugte bei mir schon wieder eine leichte Vorfreude auf den nächsten Tag.

Nachdem wir in Sachsendorf bereits soviel über das Fränkische Schäufele erfahren hatten freuten wir uns auf ein großes Stück Fleisch mit Kloß und Sauerkraut. Wir eröffneten den Abend mit einem dunklen Landbier vom Fass und während wir auf unser Essen warteten, sprachen wir über unser morgiges Highlight: der Druidenhain bei Wohlmannsgesees.

Druidenhain

Mein Bekanner hatte aus dem Internet einige Informationen heruntergeladen die er mitgebracht hatte. Nachdem ich mich ein wenig eingelesen und die abgedruckten Bilder fasziniert betrachtet hatte begannen wir einen witzigen Kreativ-Talk und überlegten ob wir nicht bereits zur frühen Morgenstunde dort hinzufahren sollten.

Mit blühender Phantasie malten wir uns aus, was mystisches passieren könnte während der Nebel durch die flache Felskuppe zieht, die irgendwann einmal in einzelne Felsklötze zerfallen ist, und welche Rituale an den Stellen abgehalten wurden die teilweise eine Opferschalen-förmige Ausprägung aufweisen….

Dann kam der Kellner und unsere Gedanken wurden vernebelt von einem herrlich duftenden Schäufele das saftig und zart war. Einem Sauerkraut das mindestens zweimal aufgekocht wurde und von Klößen die mit gerösteten Semmelwürfeln im Inneren gefüllt waren, so wie ich sie von zu Hause kenne.

Ich musste mich ermahnen nicht zu schnell zu essen, sondern jeden Bissen in Ruhe zu genießen. Nach einem letzten Schlummertrunk gingen wir auf unser Zimmer und nach dem Zähneputzen schlief ich sofort ein.

Fränkische Schweiz

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag ich mit offenen Augen auf dem Rücken und hoffte, dass sich beim ersten Versuch mich zu bewegen, meine Beinmuskulatur in der Nacht erholt und ich für den letzten Tag unserer Wandertour fit und schmerzfrei aus dem Bett springen könne. Aber zum Einen kommt es oft anders und zum Anderen als man denkt. (Fortsetzung folgt)