Lust auf mal was Neues (1)

Vogelhäuschen

Langeweile ist ein Gefühl der Eintönigkeit infolge fehlender Anregung oder Beschäftigung“

Google

Immer öfter höre ich von meinen Bekannten dass sie schlecht schlafen. Sie sind davon überzeugt, dass ihre Energie nach Feierabend gerade noch ausreicht um gelegentlich mal ins Fitness-Studio oder bei schönem Wetter ein bisschen spazieren zu gehen. Die meisten von ihnen sitzen abends am liebsten mit ihrem Lebenspartner und einem Glas Wein gemütlich vor dem Fernseher, schauen die neuesten Netflix Serien oder schlafen ab und an mit einem Buch in der Hand auf dem Sofa ein.

Als wir wieder einmal in gemütlicher Runde über das Thema „nicht schlafen können“ sprachen, sagte ich: „Ich glaube, euch ist einfach nur langweilig“ und dann war verständnisloses Kopfschütteln noch die harmloseste aller Erwiderungen. Also habe ich gefragt: „Wie sieht es mit eurer Work-Life-Balance aus? Wieviel freie Zeit habt ihr? Wie verbringt ihr sie? Und was würdet ihr gerne wieder einmal machen wollen?

Geschichten von früher

Da die meisten meiner Bekannten den ganzen Tag in ihren Büros vor dem Laptop sitzen oder mit dem Auto geschäftlich unterwegs sind, würden einige von ihnen gerne wieder einmal etwas mit den Händen tun wollen. Also körperlich arbeiten. Schrauben, hämmern, sägen. Sichtbare Ergebnisse die einem mit innerer Zufriedenheit erfüllen. Andere würden lieber kreativ arbeiten. Malen, gestalten, formen. Freunde und Bekannte mit den Ergebnissen ihrer Arbeit erfreuen wollen….

Bemalter Stein

Ich war verwundert. Denn eigentlich hatte ich mit irgendwelchen utopischen Träumereien gerechnet wie Nordlichter beobachten im Hotel Kakslauttanen in Finland, schwimmen gehen in der Ik-Kil Höhle in Mexiko oder einmal durch den Glyzinientunnel in Kitakyushu schlendern. Aber das was sie mir erzählten, waren eigentlich nur Wünsche die in Verbindung mit ihrer eigenen Vergangenheit standen.„Ich würde ja schon gerne aber…“

Groove-Masters
Wer genau hinsieht kann eine Selfie-Spiegelung von mir erkennen!

Als Jugendlicher hatte ich mit Anzeigen und Fotos aus Zeitschriften meine eigenen Musikkassetten- und CD-Cover kreiert. Während ich davon erzählte konnte ich zusehen wie die Gesichter meiner Bekannten immer mehr zu strahlen begannen und bald wetteiferten wir im „Geschichten von früher“ erzählen. „Und heute?“ fragte ich. Ja heute erzählten sie mir, da fehlt einfach die Zeit um Neues zu entdecken und mal was auszuprobieren.

Kreativität

Das wollte ich so nicht akzeptieren und nahm mir vor, die nächsten Wochen zu nutzen um mich nach interessanten Locations umzusehen, um meinen Bekannten einige Anregungen für ihre Do-It-Yourself Phantasien zu liefern. Dann könnte auch niemand mehr sagen: „Ich würde ja schon gerne, wenn ich nur wüsste wo…“

Ich empfand es als „unmännlich“ mit Perlen und kleinen Muscheln zu arbeiten

Es gibt einen Grund warum mir Themen wie Achtsamkeit und Bewusst Leben so wichtig sind. Vor ein paar Jahren glaubte auch ich, dass mir die Zeit fehlen würde, mich um meine Bedürfnisse und Interessen zu kümmern und so kam es dass eine nicht mehr vorhandene Work-Life-Balance und eine daraus resultierende rezidivierende Erschöpfungsdepression (Burnout) dazu führten, dass ich auf Anraten meines Hausarztes eine Reha-Maßnahme beantragte.

Meine scheinbar verloren gegangenen sozialen und physischen Fähigkeiten sollten, mit den in der Ergo-Therapie angebotenen Möglichkeiten zu Malen, Töpfern, Holz bearbeiten und Papier bedrucken, wieder gefördert werden.

Amely Day_Siebdruck

Mit maximaler Skepsis ging ich damals zur ersten Therapiestunde. Unsere erste Aufgabe bestand darin, einen einfach bemalten Holzbilderrahmen mit einer schier unbegrenzten Auswahl an Perlen, Knöpfe, Muscheln, Schnickschnack und Klimbims zu bekleben. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt bin ich diesem Angebot mit dem für Männer wohl typisch brüskierten Kopfschütteln begegnetet. Ich empfand es als „unmännlich“ mit Perlen und kleinen Muscheln zu arbeiten.

Bilderrahmen

Um so erstaunter war ich dann aber vom Ergebnis. Mit Stolz geschwellter Brust verließ ich die Bastel-Werkstatt um mein „Meisterwerk“ zu fotografieren und per WhatsApp an all meine Bekannten zu versenden.

Nach diesem ungeahnten Erfolgserlebnis und einer Nacht mit ruhigem und ausgeglichenem Schlaf bekam ich Lust auf mehr. Ich nahm mir vor, alle Möglichkeiten mich kreativ zu verwirklichen, einmal auszuprobieren. Ich wollte herausfinden was mir diesen inneren Seelenfrieden verschafft, der mich wieder ruhig schlafen ließ.

Bleistiftzeichnung
Meine erste Bleistiftzeichnung

Wieder zu Hause waren meine Bekannten natürlich neugierig zu erfahren wie es mir geht und was mir diese Reha-Maßnahme gebracht hat. Und so komme ich wieder zum Anfang meiner Story.

Und so geht’s weiter….

Vor ein paar Tagen waren wir im Restaurant Hubland verabredet. Nach dem Begrüßungs-Ouzo und dem gern zitierten: „Ich trink Ouzo, was machst du so!“ erzählte ich von meinem Abend in Hammelburg bei der Kunstnacht 2019. Christel Dräger, eine gute Bekannte, stellte dort zum ersten Mal ihre eigenen Bilder aus. (Weiterlesen)