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Der Sommer geht allmählich zu Ende und die Vorbereitungen für den Ernteeinsatz laufen langsam an. Für die Winzer*innen bedeutet das, den richtigen Zeitpunkt für die Weinlese zu bestimmen. Dieser Zeitpunkt kann nicht im voraus bestimmt werden, da sich die Pflanzen unterschiedlich schnell entwickeln. Bei den meisten Weinsorten wird die Weinlese im September durchgeführt. Doch auch eine Weinlese Ende August oder Anfang Oktober ist denkbar.
Die Beeren haben mittlerweile einen Zustand erreicht, in dem sich Rückschlüsse auf das aromatische Potenzial ziehen lassen. Jetzt wird der Blick der Winzer*innen auf das Refraktometer, mit dem die Konzentration des Zuckers im Traubenmost gemessen wird, immer wichtiger. Denn es gilt für die Weinlese den optimalen Zeitpunkt zu finden.
Dabei gehen den Winzern viele Fragen durch den Kopf:
- Wie viel Zeit brauchen die Trauben noch für die Reife?
- Sind die Beeren nicht nur süß, sondern sind sie so reif, dass auch die Kerne nicht mehr bitter schmecken?
- Wie lange hält noch dieses Wetter?
- Welche Lage kann als erstes gelesen werden?
In manchen Weinlagen taucht im September noch ein „tierisches“ Problem auf. Die reifen Trauben sind auch heiß begehrt bei Vögeln, Kaninchen und Wildschweinen. Tauchen diese „Mitesser“ vermehrt auf, sind Gegenmaßnahmen gefordert, damit die Winzer*innen am Ende nicht noch um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden.
Jetzt muss es schnell gehen
Sobald der perfekte Zeitpunkt für die Weinlese gekommen ist, geht es mit einem Team aus Helfern, das die Winzer*innen bereits vor Wochen zusammengestellt haben, in die Weinberge, um die Trauben von den Rebstöcken zu lesen.
Die Lese wird zum Teil auf die traditionelle Weise vorgenommen. Die Trauben werden mit der Hand abgeschnitten und in Eimern oder Behältern (Bütten) aus Holz oder Kunststoff gesammelt. Die Handlese ermöglicht es den Winzer*innen, nur die reifen und gesunden Trauben abzuschneiden. Durch diesen Vorgang wird die Qualität des Weines gesteigert und ist gleichzeitig namengebend für die besonderen Auslese-Weine der Qualitätsstufe Q.m.P. (Qualiätswein mit Prädikat).
Deutlich schneller geht es, wenn die Traubenernte maschinell erfolgt – das aber ist vor allem bei höherwertigen Weinen oftmals nicht gestattet und in Steillagen unmöglich. Zum Einsatz kommen sogenannte Traubenvollernter. Das sind Maschinen, die über die Reihen der Rebstöcke hinwegfahren und die Trauben durch Rütteln oder Klopfen entfernen.
Die maschinellen Erntehelfer verrichten ihre Arbeit zwar schneller als ein Mensch, allerdings geraten dabei auch Laub und Äste ins Lesegut, die dann wieder entfernt werden müssen.
Fun Fact: Jedes Jahr zur Weinlese bieten verschiedene Weingüter die Möglichkeit, bei der Ernte zu helfen. Bei der geselligen Weinlese lernen die Helfer*innen viel über den Wein und erhalten einen tiefen Einblick in das Leben von Winzer*innen. Belohnt werden die Helfer*innen mit einer deftigen Brotzeit und einer anschließenden Verkostung.
Die gesammelten Beeren werden nach dem Ernten so schnell wie möglich ins Weingut gebracht, damit sie nicht schon unterwegs anfangen zu gären. Hier erfolgt eine professionelle Selektion des Lesegutes, bei der erneut nach minderwertigen Beeren Ausschau gehalten wird.
Eine Maschine zupft die Trauben von ihren Stielen und quetscht sie zu einem Brei aus Fruchtfleisch, Traubenkernen, Beerenschalen und Saft – der Maische. Den Vorgang nennt man übrigens „entrappen“.
In der Weinpresse werden die Beeren dann zu Most gepresst. Anders als beim Weißwein füllt der Kellermeister die Rotweinmaische vor dem Keltern meist einige Tage oder sogar einige Wochen in einen Gärtank. Der dabei entstehende Alkohol löst die Geschmacks- und Aromastoffe und den roten Farbstoff aus den Beerenhäuten.
Nach dem Keltern und der Klärung des Mostes folgt die wichtigste Phase der Weinherstellung: die Gärung. Jetzt sind wir aber schon im Oktober….und was alles bei der Gärung passiert und wie man den neuen Jahrgang nicht nur mit den Augen, sondern bereits am Gaumen kennenlernt, erzähle ich euch in ein paar Wochen!
Mein Tag als Erntehelfer bei der Weinlese
Als ich am zweiten Septemberwochenende beim Weinbau Öchser in Leinach eintreffe, herrscht bereits reges Treiben im Hof. Die Erntehelfer, die aus Freunden, Nachbarn, Verwandten und Familienangehörigen bestehen, sind schon alle anwesend und Marion Öchsner blickt ein wenig sorgenvoll in den grauen Himmel. Nach einem fröhlichen „Hallo“ in die Runde helfe ich Konrad Öchsner den Anhänger auf dem sich die Tragebutten, Weinleseeimer, zwei Universalkübel und ein großer Traubenbottich befinden an den Traktor anzukoppeln.
Nachdem wir noch einen weiteren Anhänger, der für den Transport der Erntehelfer gedacht ist, angekoppelt haben, geht es auch schon los.
Es ist der erste Lesetag und alle sind ein wenig aufgeregt, denn es steht die Ernte der Bacchus-Trauben an. Von Marion erfahre ich, dass die Beeren aufgrund des sehr heißen und trockenen Sommers etwas kleiner sind, weniger Saft haben und teilweise verbrannt sind.
Am Weinberg angekommen werden die Tragebutten und Leseeimer abgeladen und der Anhänger mit dem Traubenbottich, einer grünen Kunststoffwanne mit einem Fassungsvermögen von 750 Litern, am Rande der Rebzeilen positioniert.
Bevor wir mit der Traubenlese starten können, müssen wir wieder die Vogelschutznetze entfernen, die wir vor ein paar Wochen über die Rebzeilen gespannt haben. Damit wurde verhindert, dass Amseln, Stare, Wespen, Feldmäusen und Wildschweinen an die Trauben rankommen, bei denen die reifen Beeren auch auf dem Speiseplan stehen.
Es darf genascht werden!
Während Konrad die Lese- und Gartenscheren verteilt übernimmt Marion die Einteilung der Helfer in Lesehelfer und Buttenträger. Anschließend erklärt uns Konrad worauf wir vor und nach dem Abschneiden der Trauben achten müssen. Es ist wichtig, dass wir nur Trauben mit reifen und gesunden Beeren in den Leseeimer legen. Vertrocknete, beschädigte oder faule Beeren müssen ausgeschnitten werden.
Die Lesehelfer verteilen sich auf die Rebzeilen. Pro Rebzeile sind jeweils zwei Lesehelfer im Einsatz, die von beiden Seiten die Trauben von den Rebstöcken schneiden. Ich arbeite gegenüber von Konrad und bin froh, dass ich immer wieder einmal nachfragen kann, wenn ich mir nicht so ganz sicher bin, ob die Trauben die ich abschneiden möchte, schon den richtigen Reifegrad erreicht haben.
Mit wachsender Routine steigt bei mir die Begeisterung für die Erntearbeit und ich bin ein bisschen stolz, Teil dieses erfahrenen Teams zu sein. Und weil auch das Naschen durchaus erlaubt ist, macht mir das Trauben lesen gleich nochmal so viel Spaß!
Einige Trauben sind leicht zu ernten, weil sie ohne Schäden sind und gut hängen. Andere haben viel Sonnenbrand oder ein paar verfaulte Beeren. Und dann sind da noch so ganz spezielle Trauben. Sie haben die Drähte oder auch ihre eigenen Triebe geradezu “umwachsen” und ich benötige Konrads Hilfe, der mir dann zeigt wo diese Trauben angewachsen sind.
Wenn ein Weinleseeimer gefüllt ist ertönt der Ruf „Butte“ und einer der Buttenträger kommt vorbei und wir können unsere Eimer in den Kunststoffbehälter auf dem Rücken des Helfers leeren. Die Leser achten dabei darauf, dass die Butte komplett gefüllt wird, damit die Träger anschließen gleich zum Anhänger gehen können um den Inhalt kopfüber in den Traubenbottich zu leeren.
Nachdem wir alle Trauben gelesen haben, fahren wir zurück auf den Hof vom Weinbau Öchsner. Dort wird gleich nach Eintreffen ein weiterer Traubenbottich vor dem Anhänger mit dem gelesenen Trauben aufgestellt und darüber ein Entrapper aufgebaut.
Zwei Helfer positionieren sich mit Harke und Maischeschaufel auf dem Anhänger. Nachdem Konrad den Entrapper gestartet hat, schaufeln sie die gelesenen Trauben auf ein Metallblech, das zwischen Bottich und Entrapper befestigt ist. Über dieses Blech rutschen die Trauben in die Abbeermaschine und werden dort verarbeitet.
Nachdem alle Beeren vom Traubengerüst getrennt wurden, kommt der schönste Teil der Weinlese: Zeit für eine zünftige Brotzeit!
Marion und einige Helferinnen haben in der Weinstube zwei Tische mit Wurstplatten, selbstgemachtem Obazda, frischem Brot, hausgemachter Guacamole, Gürkchen und Tomaten eingedeckt. Nachdem alle Helfer einen Sitzplatz gefunden haben, bedanken sich Marion und Konrad für die Unterstützung und wir stoßen mit einem Glas Müller-Thurgau auf den erfolgreichen Lesetag an.
Bevor es nach Hause geht, versammeln sich alle Lesehelfer noch einmal um den Bottich mit den entrappten Trauben zum „Mostgewicht raten“.
Zur Bestimmung der Oechslegrade befüllt Marion einen Messzylinder mit dem Traubensaft aus dem Bottich und lässt dann die Oechslewaage langsam hineingleiten, bis sie frei schwimmt. Jetzt darf sich jeder ein Mostprobierglas nehmen und versuchen den Ochslgrad des Traubenmostes zu erschmecken. Und siehe da, ich bin gar nicht so schlecht. Der Bacchus hat 83 Grad Oechsle und meine Schätzung lag bei 85 Grad Oechsle.
Mein Käse-Wein-Match im September
Als kleines „Dankeschön“ für meine Mithilfe habe ich von Marion und Konrad eine große Papiertüte mit frisch gelesenen Trauben und eine Flasche Müller-Thurgau geschenkt bekommen, worüber ich mich mächtig gefreut habe.
Da wir diesen Müller-Thurgau bereits zur Brotzeit nach der Weinlese getrunken haben, weiß ich, dass er halbtrocken ausgebaut wurde und durch die konsequente Ertragsreduzierung sehr fruchtig, blumig, frisch und leicht schmeckt und eine bekömmlich milde Säure aufweist. Der zarte und fruchtige Geschmack erinnert an Aprikose, Zitrus und ein wenig Muskat.
Käseliebhabern empfehle ich, sowohl beim trockenen als auch halbtrockenen Müller-Thurgau, auf milde Käsesorten zurückzugreifen. Denn intensive Käsearomen würden seinen dezenten Geschmack überlagern.
Obwohl sich der Müller-Thurgau nur wenig mit würzigen Speisen verträgt, schmeckt er fantastisch zu Asiatischen Gerichten. Auch zu süßen Desserts oder exotischen Früchten ist er ein idealer Begleiter.
Doch mein persönlicher Favorit zu diesem fruchtigen und halbtrockenen Müller-Thurgau ist ein Flammkuchen mit Speck, Datteln und Ziegenkäse!
Flammkuchen mit Speck, Datteln und Ziegenkäse
Zutaten (für 4 Personen) 150g geräucherter, durchwachsener Speck 2 rote Zwiebeln 150g entsteinte, getrocknete Datteln 200g Kirschtomaten 2 frische Flammkuchenteige backfertig ausgerollt auf Backpapier 200g Crème fraîche Salz und Pfeffer 200g Ziegenfrischkäsetaler 4 EL flüssiger Honig
Zubereitung
Den Speck in Streifen schneiden.
Die Zwiebeln nach dem schälen, halbieren und in Streifen schneiden.
Die Datteln ebenfalls in Scheiben schneiden.
Die Tomaten werden gewaschen und halbiert.
Danach die Teige entrollen und auf je ein Backblech legen.
Das Creme fraîche auf den Teigen verstreichen, mit Salz und Pfeffer würzen.
Die übrigen Zutaten darauf verteilen.
Den Käse in dünne Scheiben schneiden und auf den Flammkuchen verteilen.
Mit je 2 EL Honig beträufeln.
Die Flammkuchen blechweise im vorgeheizten Backofen (E-Herd: 225 °C/ Umluft: 200 °C) je ca. 15 Minuten backen.
Ich wünsche ich euch viele schöne Genussmomente und ein vergnügliches „schnabulieren“!