Seit vielen Jahren treffe ich mich einmal im Jahr mit Freunden zu einem gemeinsamen Wanderwochenende. Die Planung überlassen wir gerne dem Jüngsten in unserer Gruppe der für uns im Sternzeichen des Glückspilzes geboren wurde, denn er wählt verlässlich immer das Wochenende im Oktober an dem es noch einmal drei Tage lang blauem Himmel und Sonnenschein gibt.
Wir trafen uns Freitags am frühen Nachmittag bei mir in Veitshöchheim und nachdem das Gepäck auf zwei Autos verteilt war ging es los über die A81 Richtung Heilbronn und Stuttgart zu unserem Wanderwochenende in den Schwarzwald. Wir rechneten mit Stau, hatten diesen aber irgendwie verpasst und kamen, so wie vom Navi berechnet, nach drei Stunden Fahrtzeit bestens gelaunt in Neustadt-Titisee an.
Schlummertrunk in der Schwarzbrennerei
Das Café Heck in dem wir vier Doppelzimmer für uns gebucht hatten liegt am Rande der Fußgängerzone und macht äußerlich den Eindruck als hätte es seine Glanzzeiten bereits in den 70er Jahren erlebt. Ich rief die Homepage auf meinem iPhone auf und tatsächlich, die Eröffnung des Cafés war bereits im Jahr 1963. Umso überraschter waren wir von den großen, sauberen und modernisierten Zimmern und der bereits im Internet mit überschwänglichem Lob bedachten Freundlichkeit der Mitarbeiter.
Nachdem wir unsere Zimmer bezogen hatten trafen wir uns mit Zahnputzgläsern bewaffnet bei mir auf dem Zimmer um mit meinem mitgebrachten O´Donnel Harte Nuss Likör auf ein fantastisches Wochenende anzustoßen. Die weitere Abendplanung besprachen wir bei Kaffee und Kuchen auf der Straßenterrasse des Café Heck und erkundeten anschließend zu Fuß den Ort.
Für das Abendessen bekamen wir von einem der Kellner einen Tipp. Das Restaurant Sonneneck das direkt neben unserem Café liegt hätte eine gut bürgerliche Küche und akzeptable Preise. Und wie es sich für einen ersten Abend an einem Wanderwochenende gehört fanden wir unsere Betten erst Stunden später und hörten dank ausreichendem Alkoholgenuss in der Schwarzbrennerei niemanden schnarchen.
Das Café Heck ist eine echte Perle in dieser Touristen-Enklave. Nachdem ich bereits die Zimmer und die Freundlichkeit der Mitarbeiter gelobt habe kann und muss ich noch ein riesiges Lob für das Frühstück aussprechen. Vom Kaffee, über die Semmeln bis zum Frühstücksei ist hier alles super frisch und die Auswahl am Buffet läßt keine Wünsche offen. Von uns allen: Acht mal Daumen hoch!
Am Samstag stand die erste Wandertour auf dem Plan. Die Motivation war nach der ersten Nacht und dem üppigen Frühstück noch nicht sonderlich groß. Mit reichlich gefülltem Magen fuhren wir los und standen nach 20 Minuten Fahrtzeit am Feldberg vor dem Haus der Natur. Eine Sesselbahn brachte uns hoch zum Bismarck-Denkmal und dort genossen wir den wunderschönen Ausblick hinunter auf den Feldsee.
Die Tour ging am Fernsehturm vorbei zur Wetterstation am Feldberggipfel. Von hier aus hatten wir einen herrlichen Blick über den gesamten Südschwarzwald. Weiter ging es über einen Naturpfad vorbei an der Zastler Hütte zum Raimartihof, dem Treffpunkt aller hungrigen Wanderer. Die Portionen die es an der Essensausgabe gab waren riesig. Von meinem Schnitzel mit Pommes wären locker zwei Erwachsene und ein Kind satt geworden.
Am Feldsee machten wir eine kurze Pause für ein Gruppenphoto. Der fast kreisrunde See ist durch Gletscher der letzten Eiszeiten entstanden und wird auf drei Seiten von bis zu 300 Meter hohen Steilwänden eingefasst. Beim letzten Aufstieg zurück zur Talstation der Sesselbahn kamen die ersten Vorschläge den Abend etwas gemäßigter zu gestalten.
Brägele mit vollem Risiko
Nach dem Duschen und einem Cappuccino auf der Straßenterrasse unseres Cafés fuhren wir mit der Bahn nach Freiburg. Während der Fahrt kamen wir mit zwei älteren Damen ins Gespräch und bekamen den Tipp zum Essen ins Martins Bräu zu gehen. Das Brauhaus sei bekannt für seine selbstgebrauten Biere und den regional-saisonalen Gerichten. Wir ließen uns den Weg beschreiben, gaben aber unser Vorhaben alle Biersorten einmal durchzutesten wieder auf nachdem wir die Warteschlange vor dem Brauhaus sahen.
Wir starteten eine Passantenumfrage und bekamen den Tipp es einmal in der Hausbrauerei Feierling zu versuchen. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir die Markthalle und angelockt durch die umtriebige Geräuschkulisse gingen rein.
Ich hatte mich sofort wohl gefühlt. Gerüche aus aller Herren Länder die miteinander um die Gunst der Gäste konkurrierten. Ein buntes Treiben aus essen, trinken und lachen. Wir liefen durch die Halle, vorbei an Saft-, Wein und Champagner Bars, an Spezialitäten die von Brasilien über Italien, dem Elsass, dem Nahen Osten bis nach China reichten. Aber für acht Personen war leider kein Platz mehr zu finden.
Auch die Hausbrauerei Feierling wirkte komplett ausgebucht. Wir verteilten uns über die verschiedenen Etagen und als wir versehentlich ein zweites Mal im Keller nachsahen wurde doch tatsächlich ein Tisch frei an dem wir alle Platz fanden. Wir orderten Bier für alle und wußten nach dem ersten Schluck dass es nicht bei Einem bleiben würde.
Beim Blick in die Speisekarte stolperten wir über den Begriff Brägele der bei vielen Gerichten als Beilage aufgeführt war. Wir sahen uns fragend an und bestellten dann alle das Inselschnitzel mit Brägele und unterließen es die Bedienung danach zu fragen. Als unsere Schnitzel gebrachten wurden sahen wir dann des Rätsels Lösung in Form von Bratkartoffel vor uns auf dem Teller.
Nach dem Essen liefen wir noch ein wenig durch die Innenstadt, machten am Freiburger Münster ein paar Aufnahmen für die Zuhausgebliebenen und fuhren anschließend zurück um in der Schwarzbrennerei noch auf einen Schlummertrunk vorbei zu schauen.
Nach dem Auschecken am nächsten Morgen im Café Heck fuhren wir an den Schluchsee und starteten im gleichnamigen Ort unsere Jägersteig-Tour. Ich spürte meine Beine während wir den leicht ansteigenden Weg vom See zum Ahaberg hochliefen. Der gestrige Tag war doch ein wenig anstrengender als ich es mir eingestehen wollte.
Über einen alten Grenzweg erreichten wir das Plateau Bildstein und genossen dort eine zeitlang die Sonne und die einmalige Aussicht die sich uns hier bot. Danach ging es auch schon wieder bergab. Auf dem Weg wechselten sich Wälder und Aussichten auf den See ab und wir kamen nach Aha einem kleinen, am See gelegenen Ort. Von dort führte ein angelegter Weg am Uferwaldstreifen zurück nach Schluchsee und alle waren froh dass wir die beiden Touren so und nicht anders herum geplant hatten.
Bei blauem Himmel und Sonnenschein fuhren wir nach einem traumhaften Wanderwochenende von Neustadt-Titisee zurück nach Würzburg. Auf der Bundesstraße zur Autobahnauffahrt A81 herrschte, wie es im Radio immer so schön heißt, dichter Verkehr, aber bisher war kein Stau in Sicht. Es wurde still im Auto. Kein Wunder, wir hatten wieder drei Tage lang geredet, gelacht und das Leben genossen. Jetzt waren wir nur noch Müde.
Wieder in Würzburg wurden die letzten müden Späße gemacht, während jeder sein Gepäck im eigenen Fahrzeug verstaute.
„Schön war’s wieder!“
„Macht’s gut!“
„Bis nächstes Jahr!“