Der Rhönexpress Bahn-Radweg verläuft entlang der ehemaligen Bahnstrecke Jossa-Wildflecken und führt von Wildflecken und den fantastischen Aussichten von den Kuppen der Schwarzen Berge über Bad Brückenau mit seinen Heilquellen und dem berühmten Staatsbad bis zur Gemeinde Zeitlofs, wo der Biber ebenso zuhause ist, wie die seltene Schachbrettblume.
Begleitet mich bei meiner Radtour von Bad Brückenau nach Zeitlofs durch das landschaftlich schöne Sinntal, in dem sich ausgedehnte Mischwälder mit grünen Wiesen und Weiden, beschaulichen Flusstälern und malerischen kleinen Orten abwechseln.
MITTWOCH
Von Bad Brückenau nach Zeitlofs
Den gestrigen Abend habe ich wieder im Wellness-Bereich des Hotel Ursula ausklingen lassen und starte heute mit einem ausgewogenen Frühstück vom reichhaltigen Frühstücksbuffet entspannt in den Tag.
Nachdem ich meinen kleinen Rucksack gepackt habe, geht’s auch schon los. Mit dem geliehenen E-Bike von Fahrrad Riemey fahre ich vom ehemaligen Ostbahnhof Bad Brückenau Richtung Zeitlofs.
Schon nach wenigen Kilometern erreiche ich auf der leicht abfallenden Strecke, das Staatsbad Bad Brückenau. Hier verlasse ich den Bahnradweg und radle auf einem etwas steilen und schmalen Weg hinunter zum Schlosspark. Während ich an der Minigolf-Anlage über den Parkplatz auf das monumentale Kursaalgebäude zufahre, freue ich mich bereits darauf „auf königlichen Spuren“ durch die Parkanlage zu wandeln.
Ein Saal mit königlicher Atmosphäre
Meine erste Anlaufstelle ist der Elisabethenhof. In dem Gebäude, das nach der Kaiserin Elisabeth von Österreich (Sissi) benannt wurde, die 1898 vier Wochen hier wohnte, befindet sich auch die Kurverwaltung. Hier bin ich mit Frau Müller von der Gäste-Information zu einer Schlossparkführung und einem Heilwassertasting verabredet.
Wir starten unseren Rundgang durch den prächtigen Schlosspark am pompösen Kursaalgebäude vor dem sich das Denkmal von König Ludwig I. befindet.
Dort steigen wir die breite Freitreppe zum Oberbau des Gebäudes hinauf und haben einen fantastischen Blick auf die streng geometrisch angelegte, spätbarocke Parkanlage und einer blühenden Mittelachse die von einer Kastanienallee gesäumt ist.
Im Inneren des Kursaalgebäudes befindet sich der König Ludwig I.-Saal. Ein zweigeschossiger Kursaal mit der Königsloge und dem dahinter liegenden Lola Montez-Saal. In beiden Sälen finden regelmäßig Tanzveranstaltungen und Galas, Konzerte, Theateraufführungen und Vorträge statt.
Fun Fact: Der Lola Montez-Saal und die Lola Montez-Quelle erinnern an die skandalöse, aber auch leidenschaftliche Beziehung, die König Ludwig I. mit der Mätresse Lola Montez hatte. Und so ranken sich hier viele Geschichten um ihre gemeinsamen Aufenthalte im Staatsbad Bad Brückenau.
Ein Ort der Symmetrie
Vom Kursaalgebäude laufen wir auf der Hauptachse des Schlossparks auf das gegenüberliegende Parkhotel zu. Was kaum einer weiss: hier wurde 1949 von Konrad Adenauer und dem Ellwanger Kreis vereinbart, dass die neue westdeutsche Demokratie den Namen Bundesrepublik Deutschland tragen sollte.
An der Mittelachse des Parks haben wir einen wundervollen Rundumblick auf die großen Blumenbeete, die gerade von den Gartenmitarbeitern mit farblich abgestimmten Blumenarrangements neu bepflanz werden und die liebevoll restaurierten, historischen Prachtbauten.
Oberhalb des Parks sieht man die einstige Sommer-Residenz Ludwigs I., die erhaben über dem Staatsbad-Ensemble thront. Darunter befindet sich am Rande des Parks das Haus Löwe, ein Barockpavillon in dem Lola Montez während ihres Aufenthalts in Bad Brückenau gewohnt haben soll. Heute befindet sich darin ein Restaurant mit Biergarten.
Auf der Gegenüberliegenden Seite, am südlichen Anstieg der Mittelachse ist das Belvedere, ein Logierhaus das von einem Sockelgeschoss mit hochgewölbten Kellerräumen geprägt ist. Auf beiden Seiten des Kellereingangs führen geschwungene Freitreppen zu einer Panorama-Terrasse und dem zurückgesetzten Hauptgebäude. Im Erdgeschoss befindet sich heute das Ristorante Castello Belvedere.
Eine Einladung an die Sinne
Wir folgen dem Wandelgang und kommen am Küchen-Kräutergarten vorbei. Der Garten dient den Gästen als Schau- und Probiergarten. So kann man hier, neben bekannten Küchenkräutern wie Petersilie, Schnittlauch oder Majoran auch außergewöhnlichen Pflanzen wie Zitronenstämmchen, Ananassalbei oder Duftpelargonien entdecken.
Ein Stück weiter, direkt an der Sinn, befindet sich ein Sonnenplateau mit Liegestühlen und einem Zugang zum Wasser. Im April blühen hier am Ufer der Sinn mehrere tausend gelbe und cremeweiße Narzissen. Im Sommer sind es die Palmen, die hier beim Sonnenbaden an tropische Paradiese erinnern und Urlaubsgefühle wecken.
Heilwassertasting in der Wandelhalle
Für den Besuch der Wandelhalle benötigt man entweder eine Gast-, Tages- oder Jahreskarte.
TIPP: Bei einer Radtour auf dem Rhönexpress Bahn-Radweg lohnt sich eine Tageskarte, denn sie berechtigt neben dem Zugang zur Wandelhalle und den Sanitäreinrichtungen auch zum Genuss der Heilquellen und zur Teilnahme an Veranstaltungen.
In der Wandelhalle, in der auch regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen stattfinden, lädt mich Frau Müller zum Heilwassertasting in die moderne Heilquellen-Lounge ein.
An fünft Säulen, die in fünf verschiedenen Höhen die Bohrtiefen der Quellen darstellen, darf ich die unterschiedlichen Heilwasser probieren.
Während ich das Heilwasser der König Ludwig I.-, Sinnberger-, Wernarzer-, Vital- und Lola Montez-Quelle verkoste, bin ich von den in die Wand eingelassenen Original- Bohrkerne und dem, in einer 360 Grad umlaufenden Lichtlinienstruktur gespiegelten Tiefenschnitt der Tektonik Bad Brückenaus begeistert. Diese nicht alltägliche Präsentationsform der Heilquellen ist ein echtes Erlebnis!
Auf dem Weg zurück zum Elisabethenhof kommen wir am Restaurant Altes Badehaus vorbei, das mit seinem Biergarten und dem unvergleichlichen Flair mitten im Kurpark zum verweilen einlädt.
Doch ich muss weiter, denn mein nächstes Ziel ist das Deutsche Fahrradmuseum und da freue ich mich schon auf eine Zeitreise durch 3 Jahrhunderte!
3 Jahrhunderte Fahrradgeschichte
Das Deutsche Fahrradmuseum befindet sich in Sichtweite zum Schlosspark in der ehemaligen Villa Füglein, einer liebevoll renovierten Jugendstilvilla.
Hier darf ich, gemeinsam mit Steffi Faust, der stellvertretende Museumsleiterin, eine Zeitreise durch die Fahrradgeschichte, vom Beginn mit der Laufmaschine bis in die heutige Zeit machen.
In den insgesamt 18 Räumen, verteilt auf zwei Etagen, ist hier alles zu sehen, was zur Entwicklung des Fahrrades gehört. Vom Tretkurbelrad, Hochrad oder Sicherheitsniederrad, bis zum Sesselrad, Fahrrad mit Hilfsmotor oder Tandem.
Die Sammlung von Ivan Sojc ist die qualitativ beste und umfassendste Sammlung zum Thema Fahrrad in Deutschland. Denn neben den über 200 der schönsten und seltensten Fahrrädern aus 3 Jahrhunderten, lassen hier eine historische Werkstatt, ein vollständig eingerichteter Vereinsraum und jede Menge Fahrradzubehör den Geist vergangener Epochen wieder lebendig werden.
Mein persönliches Highlight ist der originalgetreue rekonstruierte Fahrradladen, der mich bereits beim Betreten in die 30er Jahre zurückversetzt.
Das Deutsche Fahrradmuseum ist ein MUSS – nicht nur für Fahrrad-Enthusiasten!
Im Untergeschoss des Deutschen Fahrradmuseums befindet sich das Museumscafé. Auf der Speisekarte des mit Jugendstilmöbeln eingerichteten Café M stehen Kaffeespezialitäten, Kuchen und leckere warme Gerichte.
Ich suche mir einen freien Platz auf der sonnenbeschienen Terrasse und entscheide mich für die „Bandnudeln mit Steinpilzen“ und setze, nach der kleinen Genuss-Pause meine Tour auf dem Bahnexpress Bahn-Radweg fort.
Die Strecke nach Zeitlofs verläuft weiter leicht abfallend durch das malerische Sinntal, so dass ich die Unterstützung des Elektromotors meines E-Bikes nur ganz selten benötige. Immer wieder begegnen mir die zahlreichen Streetart-Installation, die in Form von Andreaskreuzen, Bahnschwellen und Schienen mit Hilfe von Straßenmarkierungsfarbe auf den Asphalt der Radstrecke aufgebracht wurden.
Neben den Bahnübergangshäuschen, die Ereignisse der Bahngeschichte zieren, entdecke ich eine als Lokomotive bemalte Bushaltestelle die zum Büchertausch genutzt wird. Hier kennt Kreativität keine Grenzen!
HINWEIS: Entlang der Strecke sind Reparaturstationen für Fahrräder eingerichtet. In Zeitlofs, Eckarts, im Staatsbad und in Bad Brückenau gibt es E-Bike-Ladestationen.
Radeln mit dem Bürgermeister
In Zeitlofs erreiche ich das Ende des Rhönexpress Bahn-Radwegs. Doch so richtig spannend wird erst der Rückweg nach Bad Brückenau. Denn Bürgermeister Matthias Hauke möchte mich auf der Rückfahrt nach Bad Brückenau begleiten und so freue ich mich auf viele interessante Geschichten rund um den Themenradweg.
Essen und Trinken: In Zeitlofs gibt es den Gasthof „Fränkischer Hof“. Auf der Speisekarte stehen Fränkische Spezialitäten, authentische Thailändische Gerichte sowie Pizza in ungewohnter Form. Einen Mittagstisch gibt es nur am Wochenende.
Vom Gleispark zur vergessenen Autobahn
Unser erstes Ziel ist der Gleispark in Rupboden. Der Gleispark, mit einem Original Schienenbus vor dem Alten Bahnhofsgebäude, gehört zu den interessantesten Stationen auf dem Rhönexpress Bahn-Radweg. Während ich einen Blick in den Schienenwagen werfen darf, verrät mir Bürgermeister Matthias Hauke dass hier schon bald ein Multifunktionsplatz entsteht zu dem unter anderem ein Wohnmobilstellplatz und ein Biergarten gehören wird. Aktuell gibt es hier bereits einen Imbiss-Container der in den Sommermonaten von Dienstag bis Sonntag geöffnet hat.
Am Ortsende von Rupboden verlassen wir den Bahnradweg und folgen dem Hinweisschild „Strecke 46“ zu einer Straßenunterführung. Diese Unterführung gehört zu den zahlreichen Fragmenten eines knapp 70 Kilometer langen unvollendeten Autobahnteilstücks, das zwischen Fulda und Würzburg parallel zur heutigen A7 verläuft. Der Bau dieser geplanten Reichsautobahn wurde 1937 begonnen und 1939 eingestellt. Die Fragmente, wie Streckenabschnitte, Brücken und Brückenpfeiler der fast fertig trassierten Autobahn befinden sich noch in der Landschaft und stehen seit 2003 unter Denkmalschutz.
Bulle & Bär am Dorfplatz in Eckarts
Von Rupboden geht es weiter nach Eckarts. Hier zeigt mir Bürgermeister Matthias Hauke am kleinen Dorfplatz die aufgestellten Skulpturen des Bildhauers Reinhard Dachlauer, der in seiner Jugendzeit oft in Eckarts war und hier auch seinen Lebensabend verbrachte.
2006 stiftete Else Dachlauer die Plastiken zur Erinnerung an diese Zeit. Die bekanntesten Bronzeskulpturen sind Bulle & Bär, die auf dem Börsenplatz in Frankfurt am Main aufgestellt und hier als Miniatur zu sehen sind.
Essen und Trinken: In Eckarts gibt es den Gasthof zum Schwarzen Roß mit Cafe und Biergarten. Hier wird noch selbst geschlachtet und gebacken und so findet ihr auf der Speisekarte, neben fränkischen Schmankerl auch herzhaftes aus dem Holzbackofen und selbstgebranntes aus der Hausbrennerei.
Im Reich des Bibers
In Eckarts verlassen wir den Rhönexpress Bahn-Radweg und radeln auf dem „alten“ Radweg zum Staatsbad Bad Brückenau. Denn auf dieser Strecke liegt ein Biber-Revier.
Auf einem kleinen Stickweg erreichen wir die Biberplattform, deren Form an einen Biberschwanz erinnert. Informationstafeln beschreiben das Leben des Nagers und eine überdachte Bank lädt zu einer Rast ein. Wir genießen die idyllische Ruhe und blicken in eine vom Biber geschaffene Auenlandschaft. Einen Biber entdecken wir nicht, aber dazu gehört wahrscheinlich auch ein wenig Glück um den haarigen Baumeister in seiner Landschaft zu entdecken.
Durch den Lindengang zum Hexenhäuschen
Von der Biberplattform ist es nur ein kurzes Stück bis zum Deutschen Fahrradmuseum und dem Staatsbad Bad Brückenau.
Am Schlosspark biegen wir nach links ab und radeln durch einen 75 Meter langen Lindengang, dessen unbelaubte und bizarr anmutenden Äste ein zauberhaftes Schattenspiel auf den Boden werfen.
Nachdem wir am historischen Gebäude der Schlossgärtnerei vorbei geradelt sind erreichen wir am Ortsende das Café Hexenhäuschen.
Essen und Trinken: Auf der Speisekarte des kleinen und liebevoll eingerichteten Café Hexenhäuschen stehen herzhafte Gerichte, kleine Speisen und verschiedene Frühstücksangebote. Sehr beliebt sind hier vor allem die hausgemachten Waffeln und Windbeutel, die man vom Frühjahr bis zum Herbst auch auf der Außenterrasse genießen kann.
Ein schöner Tag geht zu Ende
Ein wenig verzaubert von dem märchenhaften Café radeln wir weiter nach Bad Brückenau und haben schon bald den Georgi-Kurpark erreicht. In der Georgi-Kulturhalle erwartet uns bereis Frau Heim, die Leiterin der Tourist Information. Bei ihr kann ich mein Leihfahrrad zurückgeben.
Bevor es für mich wieder nach Hause geht, darf ich mir zwei mitgebrachte Flaschen mit dem wohltuenden Georgie-Sprudel abfüllen. Dann verabschiede ich mich von Frau Heim und Bürgermeister Matthias Hauke und bin mir sicher, dass ich schon bald wieder auf dem Rhönexpress Bahn-Radweg unterwegs sein werde. Vielleicht sogar einmal mit meinen Inline-Skates…