Von Würzburg sind es nur ein paar Autominuten nach Veitshöchheim. Doch zwischen April und Oktober kommen die meisten Besucher mit einem der Personenschiffe, die täglich ab 10 Uhr, zwischen dem Alten Kranen in Würzburg und dem Anleger in Veitshöchheim im Stundentakt pendeln.
Nach der Ankunft verteilen sich die Gäste „aus aller Welt“ über den gesamten Altort. Die einen schlendern über die Mainpromenade und suche nach einem Spaziergang am Mainufer ein Restaurant auf, um eine Portion Meefischli, der bekannten mainfränkischen Fischspezialität zu probieren. Andere zieht es in den Altort, wo sie sich nach einem ausgiebigen Bummel beim Eis-Stefan mit einer leckere Abkühlung erfrischen.
Doch die Meisten nehmen den direkten Weg zum Hofgarten am Schloß Veitshöchheim, der aufgrund seines perfekten Zusammenspiels aus Pflanzen, Skulpturen und architektonischen Elementen, zu den schönsten Rokokogärten Europas zählt.
Direkt nach dem Betreten durch den Haupteingang, werden die Besucher vom Sommerschloss der Würzburger Fürstbischöfe mit seiner Sommerterrasse und den herrlich blühenden Rabatten angezogen. Der Weg dorthin führt durch eine Allee die mit ihren hohen und dichten Hecken den Blick auf die Sehenswürdigkeiten des figurenreichen Rokokogarten dahinter verbergen.
Vom Schloß aus lassen sich die meisten Besuch treiben. Wege und Kreuzungen führen hierhin und dorthin. Durchblicke und Ausblicke wecken die Neugierde und der Blick schweift über sorgfältig geformte Pflanzen, steinerne Skulpturen, versteckte Nischen mit einladenden Bänken, Wasserspiele und vom Sonnenlicht durchflutete Laubengänge.
Mein Interesse aber gilt dem schmalen Durchgang, der sich auf halbem Weg zum Schloß rechter Hand in der dichten Hecke auftut. Denn direkt dahinter befindet sich der historische Küchengarten.
Ein bisschen Geschichte
Anfang des 17. Jahrhundert diente der 12 Hektar große Veitshöchheimer Hofgarten den Würzburger Fürstbischöfen als Sommerresidenz und wurde als Tierpark mit Gehölz und Fasanerie für die bischöfliche Jagd genutzt.
Erst im 18. Jahrhundert ließen die Fürstbischöfe das Lustschloss erbauen und den seitlich gelegenen Fasanengarten zu einem Zier- und Lustgarten umwandeln. Ein Nutzgarten mit zwei Brunnenbecken befand sich unterhalb des Küchensees. Die sechs symmetrisch angeordneten Beete wurden durch rahmende Rabatte aufgewertet.
Das im Küchengarten gezogenen Obst und Gemüse war schon immer ein wichtiger Bestandteil der höfischen Tafel. Besonders begehrt waren das extravagante und kostbare Gemüse wie Spargel, Artischocken und Auberginen. Aber auch Tafelobst wie Pfirsiche, Melonen oder die in eigens dafür errichteten Treibhäusern gezogene Ananas.
Im 19. Jahrhundert wurde die seitlich an den Küchengarten angrenzende Fichtenallee durch eine Obstbaumallee ersetzt. Der Küchensee wurde verfüllt und die beiden Brunnenbecken verschwanden.
Ende der 1950er Jahre gab man dann schließlich die Nutzpflanzenkultur auf und es entstand ein Lindensaal, ein achteckiges Heckenkabinett und ein Heckenoval in Anlehnung an den Küchensee.
1997 wurde, aufgrund des unbefriedigenden Zustands der Hecken, eine grundlegende Sanierung des Küchengartens in Angriff genommen. Im Vordergrund stand hierbei die Rückgewinnung des historischen Nutzgartens. Ziel war die Wiederherstellung der ursprünglichen Beetstruktur und die Bepflanzung der Beete mit alten und neuen Gemüsesorten sowie Würz- und Heilkräutern.
Ein altes Gewächshaus aus dem Jahr 1926, von dem nur noch die Grundmauern standen, wurde 2003 auf dem alten Gärtnereigelände wieder aufgebaut. Dort werden im Frühjahr die Gemüsepflanzen für den Küchengarten gezogen.
Die Bewirtschaftung des Küchengartens
Der Gemüseanbau berücksichtigt in erster Linie historische Vorgaben. So wird der Boden ausschließlich mechanisch per Hand bearbeitet, um eine gute und stabile Bodenstruktur zu erhalten.
Der Garten ist aber auch ökologisch ausgerichtet und wird nach den Prinzipien der Mischkultur und des Fruchtfolgewechsels bewirtschaftet. Außerdem wird im Freilandbereich auf den Einsatz von Herbiziden und Pestiziden verzichtet.
Hier eine Auswahl der im Küchengarten gepflanzten Gemüsesorten:
Artischocke ‚Green Globe’ (1828)*
Auberginen; Zuckererbse ‚Früher Heinrich’ (1888)*
Karotte ‚Pariser Markt’ (1874)*
Rotkohl ‚Dauerrot’ (1900)*
Mangold ‚Lukullus’ (1904)*
Porree ‚Carentan’ (1873)*
Radieschen ‚Eiszapfen’ (1889)*
Rote Rübe ‚Ägyptische Plattrunde’ (1868)*
Endiviensalat ‚Grüner Escariol’ (1844)*
Feldsalat ‚Dunkelgrüner Vollherziger’ (1822)*
Tomate ‚Goldene Königin’ (1884)*
Wirsing ‚Vertus’ (1859)*
Sommerzwiebel ‚Gelbe Birnförmige’ (1857)*
*Datum der Einführung
Fun-Fact:
Die Gemüsebezeichnungen sind in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden. Zunächst zierten sie als künstlerisch wertvolle Illustrationen die Verkaufskataloge der bekannten Saamen- und Pflanzenhandlung VILMORIN-ANVRIEUX in Paris, bevor sie schließlich im „Album Vilmorin“ zusammengefasst und publiziert wurden.