Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, was Winzer*innen im Januar und Februar mit ihrer Zeit anfangen? Wer glaubt, dass sie, neben dem Ausbau der Jungweine, die Zeit nutzen um ihre Weinkeller und Lagerräume aufzuräumen, der irrt. Denn in den ersten beiden Monaten, noch bevor der Frühling die Reben wieder austreiben lässt, ist in den Weinbergen praktische Qualitätssicherung gefragt.
Weinreben sind mehrjährige Kletterpflanze, die schnell zu Wuchern beginnen. An dieser Grundeigenschaft hat sich auch durch jahrhundertelange Züchtung und Selektion wenig geändert. Um zu verhindern, dass die Pflanzen zu viele Triebe mit Fruchtknospen entwickeln, beginnt das Jahr im Weinberg mit dem Rebschnitt.
Die Kunst beim Rebschnitt besteht darin, das ältere Holz so wegzuschneiden, dass die Rebe möglichst wenige dieser Alttriebe versorgen muss. Denn Knospen, aus denen traubentragende Triebe entstehen, gibt es nur bei einjährigem Holz. Aus älterem Holz hingegen bilden sich keine Triebe, an denen später Trauben wachsen. Gleichzeitig müssen so viele Augen (Knospen) erhalten bleiben, dass sich später die erwünschte Anzahl an Trauben bilden kann.
Der Rebschnitt ist eine zeitintensive und aufwendige Handarbeit. Jeder Rebstock muss dabei einzeln betrachtet und bearbeitet werden. Wie die Winzer*innen den Rebschnitt vornehmen, ist vor allem von der Rebsorte, der Erziehungsform, dem Klima und dem Bodentyp abhängig.
Mit dem Beschnitt bestimmen die Winzer:innen, ob sie eher auf Ertrag oder auf Qualität setzen. Denn je weniger Früchte die Rebe trägt, desto besser kann sie die Trauben versorgen. Die Ernte fällt dadurch in der Menge zwar geringer aus, dafür aber mit einer besseren Traubenqualität, was zu gesünderen und vor allem zu voll ausgereiften, aromatischen Beeren führt.
Da die Rebstöcke im Winter ruhen und ihren Pflanzensaft tief hinunter in das Wurzelwerk gezogen haben, halten sie den Beschnitt gut aus.
Fun Fact: Einer Legende nach entstand die Idee des Rebschnitts übrigens durch einen Esel. Nachdem er in der Winterruhe zum Entsetzen der Dorfbewohner kräftig an einem Rebstock geknabbert hatte, sahen sie, dass eben dieser Stock besonders große Früchte trug und so entschieden Sie, zukünftig alle Rebstöcke zurückzuschneiden.
Durch den Rebschnitt fällt natürlich viel Holz an, das sich gerade bei großen Weinbergen kaum von Hand entfernen lässt. Die Winzer:innen waren oft viele Stunden mit dem Abtransport beschäftigt und zündeten große Feuer an, um die abgetrennten Triebe verschwinden zu lassen.
Heute ist dieses Vorgehen nicht mehr üblich und Winzer:innen lassen die abgetrennten Ruten im Weinberg liegen, denn sie schützen nicht nur vor späten Bodenfrösten, sondern dienen außerdem als sinnvoller und natürlicher Dünger.
Die Sensorische Qualitätskontrolle der Jungweine
Bei meinem letzten Besuch bei Marion und Konrad Öchsner in Leinach habe ich erfahren, dass der Rebschnitt in ihren Weinbergen für Ende Februar geplant ist. Im Januar stehen erst einmal wichtige Weichenstellungen für die Stilistik des Weines an. Da heißt es immer wieder probieren und die Jungweine, deren alkoholische Gärung abgeschlossen ist, einer sensorischen Prüfung zu unterziehen.
Ich treffe mich mit Konrad Öchsner bei frischen 3° Grad im Weinkeller, in dem die Weine, die im vergangenen Jahr gelesen wurden, in Stahltanks auf dem Hefelager ruhen. Wir beginnen die sensorische Prüfung, bei der sichergestellt wird, dass keine unerwünschte Wahrnehmung hinsichtlich Geschmack, Geruch und Aussehen des Weins vorliegt, mit dem Silvaner.
Mit einer Wein-Pipette entnimmt Konrad den Wein aus dem luftdicht verschlossenen Stahltank durch eine kleine Öffnung im Schwimmdeckel.
Als erstes prüfen wir, ob eine Weintrübung vorliegt. Die Trübung gehört zu den häufigsten Fehlern und kann durch Mikroorganismen wie Hefen, Schimmelpilze oder Bakterien entstehen. Doch der Silvaner, den mir Konrad eingeschenkt hat, ist schon sehr klar und hat eine schöne zitronengelbe Farbe.
Beim Geruchstest erkenne ich das dezent fruchtige Aroma von Apfel und Birne und Konrad hat zusätzlich noch den Duft von frischem Gras in der Nase. Auf meine Frage nach den Fehltönen erfahre ich, dass ein Wein eine Essignote haben kann. Diese entsteht durch Ethanol-Alkohol im Wein, der von Bakterien zu Essigsäure abgebaut wird.
Ein weiterer, relativ häufig auftretender Weinfehler ist der Böckser. Er entsteht als Folge der Schwefelung von Wein, wenn die enthaltene Hefe Sulfite in Schwefelwasserstoff umwandelt. Hinter dem unangenehmen Geruch verbirgt sich die Assoziation mit dem Gestank eines Ziegenbocks und die Ableitung „stinkt wie ein Bock“.
Jetzt noch der Geschmackstest: der Silvaner hat eine leicht fruchtige bis erdige Note, eine angenehme Säure und könnte bereits zu einem leichten Essen oder Dessert getrunken werden. Konrad ist mit der Entwicklung des Silvaners sehr zufrieden und kündigt mir den Müller-Thurgau für die nächste sensorische Prüfung an.
Nachdem auch bei diesem Wein kein Fehlton zu finden ist, interessiert es mich, welche Möglichkeiten ein Winzer hat, wenn ein Fehlton wie der Böckser auftritt. Als mögliche Lösungen für einen Böckser, sagt Konrad, gilt das sorgfältige Entfernen von Schwebstoffen im Most sowie nachträgliches Einsetzen von Kupfer oder Silberchlorid.
Auf meine Frage, ob er bei seinen Weinen auch schon einmal mit problematischen Fehltönen zu tun hatte und Hilfsmittel einsetzen musste, erzählt er mir, ein wenig stolz, dass er, durch die ausreichende Nährstoffversorgung der Rebstöcke, regelmäßige Kontrollen und der Verwendung von gesundem Lesegut, noch nie derartige Stoffe einsetzen musste.
Nach dem Bacchus, der auch schon die typische Rebsorten-Charakteristik aufweist, bin ich auf den Rose-Wein gespannt, der in diesem Jahr zum ersten Mal abgefüllt werden soll.
Fun Fact: Roséwein wird aus Rotweintrauben hergestellt. Seine Farbe bekommt der Rosé dabei durch die roten Farbpigmente in der Schale der Rotweintrauben. Anders als bei der Rotweinherstellung, bei der die Traubenschalen zusammen mit dem Saft vergoren werden, werden die Schalen bei der Roséherstellung nach nur wenigen Stunden vom Traubensaft getrennt. Streng genommen sind Roséweine also vergorene Rotweine, die nur minimalen Kontakt mit den Traubenschalen hatten.
Der Rosèwein ist Marions Projekt und Konrad ist sehr neugierig was unsere sensorische Prüfung für ein Ergebnis bringt:
Der Rosè hat eine leichte Rosafärbung und wir haben einen fruchtig-frischen Erdbeer-, Hagebutten- und Johannisbeerduft in der Nase. Am Gaumen weist er zwar weiche Tanine und eine sanfte Mineralität auf, aber ich bin nicht so wirklich überzeugt. Obwohl er bereits nach Sommer schmeckt und Rosèwein bei meinen Freunden und Bekannten absolut im Trend liegt, würde ich doch lieber einen klassischen Rotwein oder Weißwein vorziehen.
Nach dem Rotling, einer Spezialität aus gemeinsam gekelterten weißen und roten Trauben, beenden wir die sensorische Prüfung mit dem Zweigelt & Domina Rotwein.
Wir sind begeistert von der dunklen, rubinroten Farbe. Er schmeckt leicht würzig, ist fruchtig und ich erkenne ein feines Brombeer- und Kirscharoma mit einem leichten Duft nach Vanille. Der Rotwein ist gehaltvoll, körperreich und vollmundig. Konrad grinst und freut sich über die Entwicklung meiner sensorischen Fähigkeiten, die sich Dank seiner tollen Unterstützung in den letzten elf Monaten stark verbessert haben.
Mein Käse & Wein-Match im Januar
Wenn am Wochenende das Wetter so richtig ungemütlich ist, genieße ich gerne ein Glas Zweigelt & Domina Rotwein zu einem Baguette und einem schönen Stück Käse und das am Liebsten bei einem unterhaltsamen Spielfilm oder einer spannenden Fernsehserie.
Für meine Wein & Käse-Kombinationen befolge ich keine starren Regeln. Es sind nur ein paar Punkte bei der Zusammenstellung auf die ich achte, die zu einem harmonischen Ergebnis beitragen:
- Wenn der Käse und der Wein aus derselben Region stammen, harmonieren sie meist gut, weil sie unter denselben klimatischen und geografischen Gegebenheiten entstanden sind.
- Die Intensität des Geschmack sollte bei Wein und Käse in Balance sein. So passt zu mildem Käse am besten ein milder Wein und bei Käsesorten mit einem feinem Aroma sollte auch der Wein dezent und filigran sein. Je gereifter und würziger der Käse ist, umso gehaltvoller sollte der Wein sein, damit der Geschmack des Käses das Aroma des Weins nicht erschlägt.
- Bei der Säure und der Süße sollten sich Käse und Wein nicht zu ähnlich sein. Hier ist der Kontrast spannend: zum Beispiel säuerlicher Käse und dazu süßer Wein.
- Beim Aroma sollten sich Käse und Wein ergänzen: die fruchtigen Aromen eines Käses harmonieren perfekt mit fruchtigen Weinen.
- Bei mehreren Käsesorten orientiere ich mich bei der Auswahl des Weins an der kräftigsten Käsesorte.
Ich wünsche ich euch viele schöne Genussmomente und ein vergnügliches „schnabulieren“!