Nördlingen entdecken: Auf den Spuren von Gerd Müller

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Gerd Müller, der 365 Tore in 427 Bundesliga-Spielen erzielte ist Rekordtorschütze, Europameister und Weltmeister. Doch mit seinem Tor zum 2:1-Siegtreffer im WM-Finale 1974 gegen die Niederlande wurde er zu einer deutschen Fußballlegende.

Geboren wurde er am 03. November 1945 in Nördlingen, im schwäbischen Landkreis Donau-Ries. Dort bekam der „Bomber der Nation“ am 03. November 2022 sein eigenes Denkmal, das ein Jahr nach der Enthüllung am neu gestalten und umbenannten „Gerd-Müller-Platz“ offiziell eingeweiht wurde.

Was die Fans von der Statue halten und warum das Denkmal umziehen musste, erzähle ich euch während ich den Spuren von Gerd Müller durch die historische Altstadt folge.

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Zwischen Berger Tor und Stänglesbrunnen

Ich parke in „Nearle“, wie die Schwaben von der Ostalb die historische Stadt abkürzen, auf einem der kostenfreien Parkplätze am Berger Tor. Bevor ich in die historische Altstadt laufe, fällt mein Blick auf eine Infotafel mit dem aufgedruckten Stadtplan und dem Slogan „Die schönsten Ecken sind rund“. Und das hat seinen Grund, denn beim genaueren betrachten des Stadtplans sieht man, dass die Altstadt fast kreisrund von einer mittelalterlichen Stadtmauer umschlossen ist.

Ich laufe auf der Bergerstraße Richtung Markplatz und kann bereits den „Daniel“, wie der Turm der spätgotischen Hallenkirche St. Georg im Volksmund liebevoll genannt wird, erkennen.

Am Haus Bergerstraße 4 bleibe ich vor der angebrachten Infotafel stehen. Hier in dem dreigeschossigen, denkmalgeschützten Gebäude aus dem 14. Jahrhundert ist Gerd Müller aufgewachsen. Und hier, zwischen dem Berger Tor und am Stänglesbrunnen und später dann am Sportplatz Bergerwiese und hinter der Alten Turnhalle war in seiner Kinder- und Jugendzeit sein „Bolzplatz“.

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Zeitgenossen erinnern sich, dass der „Hadde“, so wurde er in Ableitung seines Vornamens Gerhard liebevoll genannt, meist etwas vor sich herkickte, wenn er als Bub in der Stadt unterwegs war, wie z.B. Steine oder leere Dosen.

Am Ende der Bergerstraße, gegenüber dem stattlichen Hallgebäude, das früher als Kauf- und Lagerhaus für Wein, Getreide und Salz diente, ist der „Gerd-Müller-Platz“ mit der lebensgroßen Bronzestatue. Auf dem begrünten Platz wurden neben der Statue, die Gerd Müller im Moment des Schusses zum 2:1-Siegtreffer im WM-Finale 1974 zeigt, eine Platane aus dem Rieser Sportpark gepflanzt und Bänke aufgestellt.

Nur ein paar Schritte weiter ist der Weinmarkt mit einer beeindruckenden Reihe repräsentativer Bürgerhäuser. Bis zur Fertigstellung des neu geschaffenen Gerd-Müller-Platzes stand hier vorübergehend die Gerd-Müller-Statue.

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Wochenmarkt mit besonderem Flair

Am Marktplatz, zwischen der St. Georgs Kirche, dem Brot- und Tanzhaus mit den kleinen Lädchen im Erdgeschoss, dem Rathaus und dem Leihhaus in dem sich die Tourist-Information befindet, findet heute der Nördlinger Wochenmarkt statt.

Der Wochenmarkt, der jeden Mittwoch und Samstag stattfindet, hat ein besonderes Flair. Hier bieten nicht nur professionelle Händler ihre Ware zum Verkauf an. Auch Privatleute verkaufen hier vor allem Obst aus dem eigenen Garten und zahlreiche Kindergärten, Schulen und Vereine bereichern den Wochenmarkt mit Selbstgebasteltem und Selbstgekochtem.

Hinter dem Leihaus befindet sich die Stadtbibliothek im Haus der Kultur. Früher war in diesem Gebäude die evangelische Knabenvolksschule, die auch Gerd Müller besuchte.

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Volksschule im Alter von 14 Jahren begann Gerd Müller eine Weberlehre beim Nördlinger Unternehmen Wollspinnerei Busse GmbH & Co. Als er dort in den Schichtdienst wechseln sollte, bei dem er jede zweite Woche das Abendtraining verpasst hätte, trat er eine Stelle als Schweißer bei der Firma Bremshey an.

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Das Nördlinger Gerberviertel

Vom Marktplatz folge ich dem gut ausgeschilderten „Historischer Rundgang“ durch die belebte Eisengasse mit den einladenden Straßencafes zum Hafenmarkt.

Der Hafenmarkt, der 1548 erstmals erwähnt wurde, beeindruckt durch seine imposanten Giebelhäuser. Hier verkauften sowohl die einheimischen, als auch die auswärtigen Häfner ihre Töpferwaren.

Vom Klösterle am Tendelmarkt ist es nicht mehr weit bis zum Gerberviertel.

Das Nördlinger Gerberviertel, am Fluß Eger gelegen, ist eines der größten Deutschlands mit einigen der ältesten Gerberhäuser. Neben zahlreichen Mühlen und einem modernen Kneipp-Becken findet man hier auch das Stadtmuseum und das RiesenKraterMuseum mit geologischem Lehrgarten.

Am Ende des Gerberviertels folge ich dem historischen Rundgang auf der Herrengasse zurück zum Gerd-Müller-Platz.

Ich betrachte mir noch einmal die lebensgroße, vom Bildhauer Herbert Deiss aus Bronze hergestellte Skulptur und kann ein bisschen die Kritik der Fans und die negativen Kommentare auf Social Media an der Gestaltung des Müller-Abbilds verstehen. So war zu lesen, dass die Gesichtszüge und Haare als nicht typisch für Gerd Müller empfunden wurden und ich muss gestehen, ich hätte ihn auf den ersten Blick auch nicht gleich erkannt.

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Schweine-Skulpturen in der Nördlinger Altstadt

Vom Gerd-Müller-Platz laufe ich zum Feilturm an der Stadtmauer und komme dabei am Winter’schen Haus, einem sehenswert restaurierten Fachwerkbau mit einer kunstvoll gearbeiteten Haustür und den Seelhäusern neben dem Grundstück der St. Salvator-Kirche vorbei.

Am Feilturm führt der „Historische Rundgang“ durch ein Tor in der Mauer in den Basteigraben zum Reimlinger Tor. Mich zieht es aber hinauf auf Deutschlands einzige vollständig erhaltene und rundum begehbare Stadtmauer. Und so laufe ich das kurze Stück „An der Berger Mauer“ zum Berger Tor und steige dort hinauf auf die etwa 2,7 km lange Wehranlage mit ihren zahlreichen Toren und Türmen.

Vom Berger Tor laufe ich auf der Stadtmauer mit ihren Türmen und Schießscharten bis zum Löpsinger Tor und genieße dabei den herrlichen Ausblick auf die wunderschönen Fachwerkhäuser und die romantischen und verwinkelten Gassen der historischen Altstadt. Auf dem Rundweg komme ich an der „Alten Bastei“, dem Reimlinger Tor, dem Reißturm und dem Deiniger Tor vorbei.

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Am Löpsinger Tor befindet sich auch das Stadtmauermuseum in dem es auf fünf Etagen viel Interessantes und Wissenswertes über die Nördlinger Stadtgeschichte, die Entstehung und Erhaltung der Stadtmauer und der Tore zu entdecken gibt.

Vor dem Löpsinger Tor entdecke ich ein ganz besonderes Denkmal. Die Skulptur einer steinernen Sau, die an die Sau von 1440 als Retterin der Stadt erinnern soll. Direkt daneben wird auf einer Steintafel mit der Überschrift „So G´sell so“ die dazugehörige Geschichte erzählt.

Fun Fact:
Aufgrund einer vom Stadtmarketingverein „Nördlingen ist’s wert“ initiierten Aktion könnt ihr inzwischen mehrere hundert individuell gestaltete Schweine-Skulpturen in der Nördlinger Altstadt finden.
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Wo ist die Turmkatze?

Ich folge der Löpsinger Straße Richtung Marktplatz und erreiche die Alte Schranne, die früher als Lagerhaus für den Nördlinger und Rieser Getreidehandel diente. Heute befindet sich darin eine Markthalle und ein Restaurant sowie im 1. Stock ein Veranstaltungsraum für Ausstellungen und Konzerte.

Am Ende der Schrannenstraße erreiche ich den Kriegerbrunnen an der St. Georgs-Kirche. Hier endet der „Historische Rundgang“ und auf mich warten noch 350 Stufen, die auf den fast 90 Meter hohen „Daniel“, dem Kirchturm der spätgotischen Hallenkirche St. Georg hinaufführen.

Fun Fact: 
Seinen Namen erhielt der Daniel wohl nach dem Bibelvers (Daniel 2,48): “Und der König erhöhte Daniel und [...] machte ihn zum Fürsten über das ganze Land”.
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In der Turmstube, in der früher der Türmer wohnte der über die Stadt zu wachen hatte, befindet sich das Kassenhäuschen. Ich blicke mich um und suche die Turmkatze „Wendelstein“. Die dreifarbige Glückskatze lebt seit 15 Jahren im Turm, leistet den Turmwächtern Gesellschaft und übernimmt die Taubenabwehr. Auf meine Frage, wo den die Turmkatze sei, erzählt mir der Turmwächter, dass „Wendelstein“ am 05. März in den verdienten Ruhestand verabschiedet wurde. Ob wieder eine Katze einziehen wird, steht aktuell noch in den Sternen.

Nachdem ich mein Ticket gelöst habe erklimme ich die Turmspitze und genieße die fantastische Aussicht über Nördlingen und das Ries. Auch der hohe Südrand des Meteoritenkraters ist von hier aus gut zu erkennen. Nur das Gerd-Müller-Stadion im Rieser Sportpark kann ich nicht entdecken, wo Gerd Müller als 17-jähriger in einer einzigen Saison 180 Tore für den TSV 1861 Nördlingen geschossen hat.

Fun Fact:
Auch heute noch ruft der Türmer halbstündlich zwischen zehn und zwölf Uhr nachts sein "So G´sell so“ von der Turmspitze. Mit diesem Ruf wurde früher die Verbindung zwischen den einzelnen Stadttoren aufrechterhalten und die Wachsamkeit gegenseitig kontrolliert.

Ich steige die 350 Stufen vom Daniel wieder hinab und laufe über den Marktplatz zum Schäfflesmarkt. Im Außenbereich am Cafè OHNE UMWEG finde ich einen freien Platz mit Blick auf den Kriegerbrunnen. Ich mache es mir gemütlich und genieße einen Cappuccino aus regional gerösteten Kaffeebohnen und regionaler Vollmilch und dazu einen leckeren Apfelkuchen, der ausschließlich mit Bio-Dinkelmehl gebacken wurde.

Schöne Ausflugsziele in der Umgebung

Das Naherholungsgebiet Marienhöhe

Von der Nördlinger Altstadt führt der malerische „Kellermannsweg“, eine Lindenallee mit 60 Bäumen, zum Naherholungsgebiet Marienhöhe. Die waldbedeckte Anhöhe des Landschaftsparks ist von vielen Spazierwegen durchzogen. Hier startet auch der Rundwanderweg „Schäferweg“, der als einer von 15 Tagestouren zu "Deutschlands schönstem Wanderweg" 2024 nominiert ist.

Neben dem Nördlinger Freibad, das sich am Südhang der Marienhöhe erstreckt, findet man hier auch den Hexenfelsen. Auf dem großen Dolomitklotz am Galgenberg wurden zur Zeit der Hexenverfolgung vermeintliche Hexen hingerichtet.

Ihren Namen bekam die Marienhöhe, die den Galgenberg und den Stoffelsberg umfasst, 1842 anlässlich der Vermählung des bayerischen Kronprinzen nach dessen Gattin Prinzessin Marie von Preußen.
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Das Erlebnis-Geotop LINDLE

Begleitet mich auf dem Geopark-Lehrpfad durch das Erlebnis-Geotop Lindle führt. Auf dem Rundweg begegnen uns 13 große und kleine Informationstafeln, eine Aussichtsplattform, ein Turm und fünf weitere Aussichtspunkte. Bei besster Wetterlage genießen wir die herrliche Sicht über das Steinbruchgelände, in den Rieskessel und auf die Riesränder.

Von der Ruine Niederhaus zur Ruine Hochhaus

Bei diesem Ruinenrundweg nehme ich euch zu den zwei malerischen Ruinen Niederhaus und Hochhaus mit. Begleitet mich vom Wanderparkplatz an der Burgruine Niederhaus auf dem ausgeschilderten Rundweg, der am Forellenbach entlang, den vollständig bewaldeten Hochhauser Berg hinauf und dort auf einem idyllischen Waldweg zur Ruine Hochhaus führt. Folgt mir zu traumhaft schönen Aussichtspunkten an denen man das ganze Tal überblicken kann und taucht mit mir ein in die Geschichte der historischen Überreste alter Gemäuer.