Im Interview: Kellermeister Klaus Kuhn vom Staatlichen Hofkeller Würzburg

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Tief im Inneren der Würzburger Residenz erstrecken sich die weitläufigen und labyrinthisch verschlungenen Kellergänge des ehemaligen “Fürstbischöflichen Hofkellers”. Hier in einem der schönsten Weinkeller der Welt treffe ich Klaus Kuhn, den Kellermeister des Staatlichen Hofkellers Würzburg zum Interview.

Gleich mal gerade heraus gefragt: Weiß oder Rot? Was trinken Sie lieber?

Klaus Kuhn: Ganz klar Weiß. Ich bin mit den markanten, mineralischen Silvaner und Riesling Weinen, für die Franken berühmt ist, aufgewachsen. Durch das etwas rauere Klima bekommen diese Rebsorten einen Ausdruck und eine Strahlkraft, wie sie in anderen Regionen kaum zu finden ist. Unterschiedliche Bodenformationen wie Buntsandstein am Untermain, Urgestein bei Hörstein, mineralischer Muschelkalk am Maindreieck oder Gips-Keuper im Steigerwald prägen den Silvaner und den Riesling auf eine ganz besondere Weise. Silvaner überzeugt durch Ausgewogenheit, Mineralität, Vielfältigkeit und “Persönlichkeit”. Egal ob kräftig, elegant oder mineralisch.

Was hat Sie persönlich zum Wein gebracht?

Klaus Kuhn: Ich wollte schon immer etwas Handwerkliches machen. Mein Opa hatte drei Fässer in unserem kleinen Gewölbekeller. Fässer in denen er aus Apfelmost einen leckeren Apfelwein gemacht hat. Das fand ich sehr spannend und so wollte ich zunächst Brauer werden. Doch dann entdeckte ich das Berufsbild des Weinhandelsküfers, jetzt Weintechnologe, und absolvierte eine entsprechende Ausbildung.

…was macht man als Weintechnologe?

Klaus Kuhn: Als Weintechnologe begleitet man die gesamte Weinherstellung von der Traube bis zur fertig abgefüllten Flasche. Man überwacht den Gärprozess, filtert Hefe und Trubstoffe aus dem Wein und füllt ihn dann ab. Die technische Überwachung und Steuerung der jeweiligen Prozesse erfordern ein umfangreiches Wissen.

…wie ging es nach der Ausbildung weiter?

Klaus Kuhn: Nach meiner Ausbildung im Jahr 1980 fand ich hier im Staatlichen Hofkeller Würzburg eine Anstellung als Geselle. 1993 machte ich dann an der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg meine Meisterprüfung und wurde hier dritter Kellermeister. Mittlerweile bin ich seit 43 Jahren im Staatlichen Hofkeller und seit dem Jahr 2000 in der Position des Betriebsleiters.

Wie sieht der Tag eines Kellermeisters aus?

Klaus Kuhn: Das ist ganz unterschiedlich und hängt von der Jahreszeit ab. Als Kellermeister überwache ich zum Beispiel nach der Weinlese den natürlichen Vorgang der Gärung der Weiß- und Rotweine im Weinkeller. Dabei werden alle notwendigen Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung des Weins durchgeführt und in allen Ausbaustufen kontrolliert. Das fängt im Weinberg an und geht bis zum Versand der verkaufsfertigen Weine.

Ein weiterer Verantwortungsbereich ist die Führung des Weinkellers als Betriebsleiter. Dazu gehören Verwaltungs- und Managementarbeiten, wie das Organisieren der Betriebsstoffe und der Einsatz von Personal und Maschinen.

Sehr spannend ist auch das Verkosten unserer Weine mit meinen Kollegen und die anregenden Diskussionen über die Stilistik der Weine. Unser Bestreben ist es dabei, die Weine zum richtigen Zeitpunkt auf die Flasche zu bringen um den Kunden das Beste aus unseren Weinbergen zu präsentieren. Die Mitwirkung in verschiedenen Gremien wie der Prämierungskommission und dem Gesellenprüfungsausschuss sind dabei sehr wichtig. Und dann sind da noch die vielen sensorischen Verkostungen und Weinproben.

Was ist die wichtigste Eigenschaft, die einen guten Kellermeister auszeichnet?

Klaus Kuhn: Das wichtigste Handwerkszeug für einen guten Weinmacher ist ein ausgeprägter Geruchs- und Geschmackssinn. Denn die Beurteilung eines Weines erfolgt über den Geruch und Geschmack. Da muss ich mich auf meine Zunge und meine Nase verlassen können.

Wichtig ist auch ein gewisses Maß an Experimentierfreude, ein Auge für Innovationen und ein naturwissenschaftliches Interesse. Dazu kommen eine gute Kommunikations- und Teamfähigkeit und wirtschaftliches Denken.

Was macht einen guten Wein aus?

Klaus Kuhn: Die wichtigste Voraussetzung für einen guten Wein sind gesunde und reife Trauben. Die besten Weine entstehen dann, wenn wir kaum etwas dazutun und nur wenig Einfluss auf die natürlichen Gärprozesse nehmen müssen. Meine Aufgabe ist es dann lediglich die hervorragenden Eigenschaften die der Wein mitbringt, noch ein wenig herauszustellen. So entstehen natürliche Weine, bei denen man die Charakteristik der Rebsorte erkennen kann.

„Weine sind wie Kinder – jeder entwickelt sich zu einer eigenen Persönlichkeit.“

Klaus Kuhn

Braucht der Markt Weine mit „unverwechselbarer“ Signatur?

Klaus Kuhn: Weine mit einer unverwechselbaren Signatur sind Weine für Liebhaber. Diese Weine tragen bei uns die Bezeichnung VDP.Großes Gewächs und reifen in den hochwertigsten Weinbergen. Sie zeichnen sich durch einen komplexen Geschmack, einem ausdrucksstarken Lagencharakter und einem besonderem Reifepotenzial aus. Es sind gefragte Weine für eine bestimmte Kundenklientel. Unsere VDP.Große Lage Weinlagen sind zum Beispiel der Würzburger Stein-Berg, der Großheubacher Bischofsberg und der Randersackerer Pfülben.

Fun Fact:
VDP ist der Verband Deutscher Prädikatsweingüter bei dem auch der Staatliche Hofkeller Würzburg Mitglied ist. Die Vereinigung von rund 200 Top-Weinerzeugern in Deutschland setzt sich für verbindliche Qualitätsstandards und für die ökologische Bewirtschaftung der angeschlossenen Weingüter ein.

Wenn Sie die Weine vom Staatlichen Hofkeller Würzburg gedanklich „durchschmecken“ – welcher ist Ihr Favorit?

Klaus Kuhn: Ganz klar – der Riesling.

Er wird auch als König der Weißweine bezeichnet. Kaum eine andere Sorte bringt so viel elegante Frucht, Mineralität und Vielschichtigkeit ins Glas wie diese besondere Rebsorte. Der Riesling zeichnet sich durch eine rassige Säure aus. Er lässt sich gut lagern und schmeckt nach fünf bis zehn Jahren zusätzlicher Reifung häufig noch besser.

Der Riesling hat eine breit gefächerte Aromatik. Das Spektrum reicht von grünen Aromen wie Apfel und Birne über Zitrusnoten bis zu Pfirsich und Aprikose. Je nach Boden gesellen sich mineralisch-würzige Töne dazu. Leichtigkeit und Trinkgenuss lassen den Riesling auf der Zunge tanzen.

Der Riesling hat internationales Flair und man kann mit ihm große Weine kreieren, die trocken, lieblich oder edelsüß ausgebaut sein können. Und selbst zarte Holzfassnoten stehen ihm gut, wie immer mehr Große Gewächse beweisen.

Wenn Sie Weine vom Staatlichen Hofkeller Würzburg mit drei Worten beschreiben würden, wären das

Klaus Kuhn:

Eigenständig – Denn jeder Wein ist eine Persönlichkeit für sich. So hat zum Beispiel jeder Wein die Charakteristik seines Terroirs

Präsent – wie der Kellermeister – Die Weine haben einen Nachhall. Man kann in ihnen lesen. Sie sind mit Hingabe gemacht und man schmeckt die Natur in der Flasche.

Langlebig – Unsere Weine prägen sich ins Gedächtnis ein. Sie haben eine typische Charakteristik. Wenn man die Stilistik unserer Weine mag, kommt man immer wieder auf sie zurück.


Vielen Dank, dass sie sich die Zeit genommen haben, mir ihren „Arbeitsplatz“ den Staatlichen Hofkeller Würzburg zu zeigen und mir dabei viel Spannendes und Interessantes über die Aufgaben eines Kellermeisters und die kellertechnische Weinbereitung zu verraten.

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